Berlin/Peking. Man kann jetzt schon sagen, dass Chinas Staatssicherheit das komplette Gegenteil dessen erreicht hat, was sie vermutlich mit der erneuten Verweigerung der Ausreise des Schriftstellers Liao Yiwu bezwecken wollte. Liao Yiwu, der im Herbst schon nicht zur Buchmesse nach Frankfurt durfte und im März nicht zum Literaturfestival Lit.Cologne nach Köln fahren soll, ist in den hiesigen Medien deutlich präsenter, als er es sonst, als einer von vielen anwesenden Autoren, wohl gewesen wäre.

Denn auch wenn ihm beharrlich die Ausreise verweigert wird - den Mund lässt er sich nicht verbieten. Sein vom S. Fischer Verlag übersetzter Brief an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, in der er sie an ihre eigenen Erfahrungen mit einer Diktatur erinnert und sie bittet, ihren außenpolitischen Einfluss geltend zu machen, ist mittlerweile im Kanzleramt eingetroffen. Offiziell wird der Brief nun "geprüft".

Der Autor kündigt darin an, dass er trotz des polizeilichen Reiseverbots zur deutschen Botschaft gehen und ein Visum beantragen werde. "Ich werde mir ein Flugticket kaufen, pünktlich den Zoll passieren und nichts unversucht lassen, nach Köln zu kommen", schreibt Liao Yiwu, der in Deutschland auch durch sein in China verbotenes Buch "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser: Chinas Gesellschaft von unten" bekannt geworden ist.

Rainer Osnowski, einer der Geschäftsführer der Lit.Cologne, hat derweil bereits die Einladung an den Autor erneuert, warnt jetzt aber auch vor "Aktionismus". Je nachdem, wie Liao Yiwus Brief in China aufgenommen werde, könne es ein nächster Schritt sein, auch vonseiten des Festivals noch einmal auf das Auswärtige Amt zuzugehen. Bis dahin äußert Osnowski Optimismus: "Wir gehen davon aus, dass die Behörden ihn ausreisen lassen, wenn der Druck zu viel wird."