Hamburg. In ihrem Trio herrscht die Aufgeräumtheit eines frisch geharkten Zen-Gartens, und Ulita Knaus singt darin wie eine Nachtigall im goldenen Käfig des eigenen Anspruchs. Hamburgs Jazzsängerin Nummer eins verkörpert das Dilemma der Perfektion: Sie macht technisch alles dermaßen richtig, dass auch das Emotionale ihrer schönen Stimme jederzeit vollkommen beherrscht wirkt. Am Sonnabend auf Kampnagel, beim Abschlusskonzert der JazzToday-Tournee durch 15 deutsche Städte, hätte man sich gewünscht, sie wäre einmal aus der Rolle gefallen und hätte singend etwas von sich preisgegeben, das nicht allein das Ergebnis beharrlicher Arbeit an den technischen Möglichkeiten ihrer Stimme ist. Wenn eine über das Leben und die Liebe singt, wollen wir Brüche und Risse hören, Stolpern, Zögern, Irren inbegriffen. Ulita Knaus aber glitt über ihre sorgfältig geschriebenen Songs wie auf Kufen über Eis.

Zuvor überraschte der junge amerikanische Gitarrist Julian Lage mit einer rhythmisch oft halsbrecherisch komplizierten, dabei mit Lust an der Unbekümmertheit vorgetragenen Quintettmusik, die an eine Mischung aus dem frühen Pat Metheny und Django Reinhardt denken ließ. Mit Saxofon, intonationsmäßig allzu draufgängerisch gestrichenem Cello, Bass und einer überwiegend mit den Händen gespielten Perkussion sowie seiner nur von einem Mikrofon verstärkten Stahlsaiten-Gitarre riss Lage das Publikum von den Sitzen. Für diese eigenwillige imaginäre Folklore schlagen wir als Stilbegriff mal "Iberisch-balkanischer Sinti-Square-dance-Jazz" vor. Aufregend und inspirierend.