“Up in the Air“ ist eine gelungene Gratwanderung mit George Clooney von Jason Reitman

Im Weglaufen ist Ryan Bingham gut. Das hat er perfektioniert. Nur das Ankommen, erst recht das Bleiben, das bereitet ihm Schwierigkeiten. Mit Beziehungen hat er es nicht so - nicht zu anderen Menschen, nicht zu einer Stadt, nicht zu seiner (leeren) Wohnung, nicht einmal zu seiner Familie. Nur zu seiner Fluggesellschaft. Ryan Bingham ist Vielflieger. "Ihre Loyalität ist uns etwas wert", wirbt die Airline ironischerweise auf Plakaten. Und Bingham ist loyal, neurotisch loyal in diesem Fall, will er doch als siebter Mensch die 10-Millionen-Meilen-Marke knacken.

Beruflich jedoch kappt er feste Bindungen am Fließband: Er jettet durch Amerikas Großstädte, um im Auftrag feiger Arbeitgeber Menschen zu entlassen. "Karriereübergangsberatungen" nennt er diese Kündigungskurzgespräche zynisch, der Zuschauer schaut in eine unendliche Reihe fassungsloser Mitarbeitergesichter. Bingham aber, den Clooney als smarten, durchaus arroganten, aber keinesfalls unsympathischen Eigenbrötler spielt, lässt diese Schicksale hinter sich, als perlten sie an der cleanen Oberfläche seiner Reisegarderobe und der nächsten gewienerten Flughafenhalle ab. Bingham wäscht sich rein im täglichen Ritual des effizienten Kofferpackens, Eincheckens (Slipper statt Schnürschuhe!), Statusmeilenkarten-Vorzeigens, Rollkoffer-Surrens.

Regisseur und Drehbuchautor Jason Reitman verleiht dieser kühlen Business-Choreografie eine ganz eigene Schönheit. Ihm gelingt dabei brillant die schwierige Gratwanderung zwischen Komödie, Lovestory und Gesellschaftskritik. "Up in the Air" ist Leichtigkeit mit Tiefgang. Der Film erzählt über die Beziehungsstörungen einer flexiblen, mobilen Gesellschaft und liefert wie nebenbei ein abschreckendes Beispiel moderner Arbeitswelten. Tatsächlich hat Reitman für die Entlassenen echte Arbeitslose besetzt. Auswahl hatte er reichlich.

Die Geschichte um Binghams überambionierte junge Kollegin Natalie (Anna Kendrick) mag ein wenig vorhersehbar sein, Besetzung und Umsetzung jedoch überzeugen: Natalie, die erst das Kündigungssystem leistungsfähiger gestalten will, indem Entlassungsgespräche künftig via Bildschirm abgewickelt werden sollen (womit auch Binghams angepeilter Meilenrekord akut gefährdet wäre), merkt "an der Front", dass in all der Effizienz routinehafter Unmenschlichkeit auch eine rudimentäre Menschlichkeit ihre Berechtigung hat. Und auch Bingham lässt sich ein: auf die ebenso coole wie vielfliegende Seelenverwandte Alex (Vera Farmiga), mit der er Hotelzimmer-Dates vereinbart, indem beide ihre Flugkalender abgleichen. Hier allerdings überrascht der Ausgang dann doch - eine kleine Erinnerung an die Grausamkeit der Wahrscheinlichkeit. Wer Clooney ohnehin hinreißend findet, wird in diesem Film ohne Wenn und Aber eine weitere Bestätigung dafür finden. Und fürs Leben hat der Zuschauer anschließend nicht nur philosophisch, sondern auch ganz praktisch gelernt: Er wird sich bei der nächsten Flugabfertigung garantiert hinter den Japanern anstellen.

++++- Up in the Air USA 2009, 110 Minuten, o. A., R: Jason Reitman, D: George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick, Danny McBride, Jason Bateman, täglich im Blankeneser, Cinemaxx, Cinemaxx Harburg, Streit's (OF), UCIs Mundsburg, Othmarschen, Smart-City; Internet: www.theupintheairmovie.com/intl/de/