Hamburg. Er begann mittelprächtig und fiel dann ab. Zumindest unter Quoten-Gesichtpunkten war Dieter Wedels ARD-Zweiteiler "Gier" kein Erfolg. Verfolgten am Mittwoch noch 5,75 Millionen Zuschauer den ersten Teil des Hochstaplerepos, wollten einen Tag später nur noch 4,92 Millionen Zuschauer die zweite Folge sehen. Damit lag das Wedel-Stück nicht nur hinter dem "Bergdoktor" des ZDF, der 5,32 Millionen Zuschauer erreichte. Auch Jörg Pilawa, der auf diesem ARD-Sendeplatz sein "Starquiz" präsentiert, hat gewöhnlich bessere Quoten.

Schaut man genauer hin, ist zumindest der erste Teil von "Gier" nicht so schlecht gelaufen. Wäre er 2009 gezeigt worden, hätte er unter allen ARD-Produktionen, die am Mittwoch um 20.15 Uhr zu sehen waren, den sechsten Platz belegt. Sind 5,75 Millionen Zuschauer heute also ein guter Wert? "Die ständig wachsende Zahl von Fernsehprogrammen führt dazu, dass der Zuschaueranteil für die großen Anbieter allmählich sinkt", sagt ARD-Programmdirektor Volker Herres. Generell könne man nicht sagen, was heute eine gute Quote sei.

Den Ansprüchen von ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut hätten die "Gier"-Quoten wohl nicht genügt: "Wenn wir mit hohem Aufwand einen Mehrteiler oder eine große Samstagabendshow produzieren, dann wollen wir eine möglichst hohe Zuschauerzahl erreichen - und wenn es dann mehr als sieben Millionen werden, spreche ich von einer sehr guten Quote", sagt er.

Dagegen verweist NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann auf die gute Quote, die im Anschluss an "Gier" die Talkshow "Hart aber fair" erzielte. 4,75 Millionen Menschen wollten die Diskussion zum Thema "Genug ist noch zu wenig - Warum regiert uns die Gier?" sehen. Auch dass um 23.30 Uhr noch über eine Million Zuschauer die Dokumentation "Geld für alle" verfolgten - ein guter Wert für ein solches Format, das so spät läuft -, führt Beckmann auf die Schrittmacherdienste des Dramas zurück. Die ARD nutzt immer öfter aufwendig produzierte TV-Filme als Quotenlokomotive für nachfolgende Sendungen. So war es 2009, als Anne Will in ihrer Talkrunde im Anschluss an "Mogadischu" über die Flugzeugentführung von 1977 diskutierte. So wird es wieder am 31. März sein, wenn bei "Hart aber fair" nach dem Scientology-Drama "Bis nichts mehr bleibt" die Praktiken der Sekte aufgearbeitet werden.

Aber auch wenn der Quotenverlauf des gesamten Abendprogramms nun das Maß aller Dinge ist, müssen sich Wedel und die ARD Gedanken machen. Der erste Teil von "Gier" verlor in den ersten 30 Minuten 1,8 Millionen Zuschauer. Dies ist ein ungewöhnliches Phänomen, das aus einem Quotenverlaufsprotokoll hervorgeht, das dem Abendblatt vorliegt: 7,21 Millionen Menschen schalteten "Gier" nach der"Tagesschau" ein, um 20.45 Uhr waren noch 5,44 Millionen übrig.