Hamburg. Zum Abschluss der kleinen Serie über die Zukunft der Rundfunkgebühr, in der bisher die Politiker Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) und Marc Jan Eumann (SPD) sowie der NDR-Justiziar Werner Hahn zu Wort kamen, hat das Abendblatt mit dem Hamburger Medienwissenschaftler Volker Lilienthal gesprochen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Professor Lilienthal, würden Sie, wie NDR-Justiziar Werner Hahn es in seinem Gastbeitrag für das Abendblatt getan hat, PCs und Smartphones als "neuartige Rundfunkgeräte" bezeichnen?

Volker Lilienthal:

Das sind Multifunktionsgeräte. Man kann mit ihnen alles Mögliche machen - auch Rundfunk empfangen. Und so ganz neu sind die Geräte auch nicht. Sie gehören längst zum normalen Medienalltag.

Abendblatt:

PCs und Smartphones sind Schnittstellen, wo der alte Rundfunk auf die neue digitale Welt trifft. Wenn sich beides nicht mehr klar trennen lässt, muss dann die gerätebezogene Rundfunkgebühr überdacht werden?

Lilienthal:

Ein solcher Schritt ist überfällig. Der Ansatz, dass zahlen muss, wer ein Gerät bereithält, funktioniert nicht mehr. Er hat immer mehr Ausnahmeregelungen zur Folge. Es wird aber sehr schwer, eine neue, für alle Seiten akzeptable Regelung zu finden.

Abendblatt:

Der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Burkhardt Müller-Sönksen, hat im Abendblatt die Einführung einer Medienabgabe in Höhe von etwa zehn Euro für jeden Bürger mit eigenem Einkommen vorgeschlagen.

Lilienthal:

Das hört sich erst einmal gut an. Aber eine Familie, in der Vater und Mutter berufstätig sind, zahlt dann 20 Euro, ein Betrag, der höher ist als die derzeitige Rundfunkgebühr von 17,98 Euro. Wenn diese Familie dann noch einen Sohn hat, der zu Hause wohnt und dessen Lehrlingsgehalt das noch zu definierende Mindesteinkommen übersteigt, zahlt sie schon 30 Euro.

Abendblatt:

Welches Modell favorisieren Sie?

Lilienthal:

Ich tendiere zu einer Haushaltsabgabe.

Abendblatt:

Wer soll diese Abgabe einziehen? Müller-Sönksen möchte diese Aufgabe den Finanzämtern übertragen.

Lilienthal:

Der Vorsitzende der SPD-Medienkommission, Marc Jan Eumann, hat bei Ihnen im Blatt vorgerechnet, dass dies teurer wird als bisher. Es gibt aber noch ein anderes Problem: Deutschland hat jahrelang der EU-Kommission beweisen müssen, dass es sich bei der Rundfunkgebühr nicht um eine verbotene staatliche Beihilfe handelt. Wenn diese Gebühr aber künftig vom Finanzamt eingezogen wird, würden Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Indiz darin sehen, dass dessen Staatsnähe weitaus größer ist als bisher behauptet.

Abendblatt:

Müller-Sönksen plädiert nicht für eine Steuer, sondern für eine zweckgebundene Abgabe, die das Finanzamt als Dienstleister einziehen würde.

Lilienthal:

Politiker, gerade auf europäischer Ebene, differenzieren aber nicht immer. Da genügt der Hinweis auf das Finanzamt, schon gilt das Modell als zu staatsnah.

Abendblatt:

Der von Ihnen erwähnte SPD-Politiker Eumann kann sich vorstellen, dass an der Rundfunkgebühr künftig auch Lokalzeitungen und Online-Portale unabhängiger Anbieter partizipieren.

Lilienthal:

Von diesem Vorschlag halte ich nichts. Es gehört zur Pressefreiheit, dass die Presse sich völlig vom Staat emanzipiert hat. Ich glaube nicht, dass Verleger und Journalisten diese Freiheit wieder aufgeben wollen. Zudem stellt sich die Frage, wer überhaupt anspruchsberechtigt ist. Soll eine Qualitätszeitung wie das Abendblatt etwas bekommen? Müssen wir die "taz" fördern oder lieber ein Start-up in der Provinz? Wer soll darüber entscheiden? Da kommen wir in Entscheidungsnöte und sind dann schnell bei Fragen der Gerechtigkeit und der Marktverzerrung.

Abendblatt:

Eumann plädiert auch für ein Werbeverbot für ARD und ZDF, das gelten soll, sobald es ein neues Gebührenmodell gibt.

Lilienthal:

Das ist eine Forderung, die ich unterstütze. Es wäre eine schöne Geste, wenn die gebührenfinanzierten ARD und ZDF allein den Privaten die Werbeeinnahmen überlassen würden. Von dem Argument, man brauche die Werbung, um ein Stück Unabhängigkeit vom Staat zu sichern, halte ich dagegen gar nichts. Die Werbeeinnahmen von ARD und ZDF sind marginal.

Abendblatt:

Wann immer ein Werbeverbot diskutiert wird, sagen ARD und ZDF, die ihnen entgehenden Werbeeinnahmen müssten durch höhere Gebühren kompensiert werden.

Lilienthal:

Da gibt es keinen Automatismus. Durch einen Werbeverzicht könnte für ARD und ZDF vielmehr ein heilsamer Druck entstehen, sich auf Kernaufgaben zu konzentrieren.