150 Minuten gab er mit seiner Band den Rest für uns in der Laeiszhalle: Ovationen für Gunter Gabriels Auftritt.

Hamburg. Wenn man bedenkt, dass man vor einer Weile noch 1000 Euro auf den Tisch legen musste, um Gunter Gabriel (67) live zu erleben, dann war der Sonnabend in der Laeiszhalle ein echtes Schnäppchen mit Kartenpreisen ab 15 Euro. Gut, dafür sah man Gunter nicht im eigenen Wohnzimmer, aber angesichts eher mäßig gefüllter Sitzreihen war der Auftritt des deutschen Country-Pioniers nahe dran an einem Privatkonzert - unter Freunden. Das Publikum empfing ihn mit frenetischem Jubel, der auch nach dem ersten Song "Ich geb den Rest für dich" nicht abklingen wollte.

Mit großer Geste umarmte der Harburger Hausboot-Eremit sein Publikum. Und mit großen Gabriel-Worten: "50 Jahre habe ich gebraucht, um in diesem Scheißladen aufzutreten." Der "Scheißladen" allerdings kam seiner wie ungesicherte Ladung durch die Tonhöhen schlingernden Stimme sowie der engagiert aufspielenden Band (mit BAP-Gitarrist Helmut Krumminga) dankbar entgegen. Klar und auf den Punkt intonierten Gabriels Begleiter "Wer einmal tief im Keller saß", "Folsom Prison Blues" und "Boy Named Sue" - Koordinaten, die seit vier Jahrzehnten Gabriels musikalisches Verständnis einordnen: Eingedeutschte Johnny-Cash-Klassiker treffen auf Gabriels altgediente Verlierergeschichten rund um Asphaltcowboys und andere Antihelden - Stoff, der für 150 Minuten Spielzeit reichte. David Bowies "Heroes" und "Haus am See" von Peter Fox, erzählten zusammen mit "Hey Boss, ich brauch mehr Geld" oder "Gesucht" von einem Mann, der immer wieder Tritte in den Hintern bekam.

Ein Blick in Gabriels Augen: Schmal wie Bunkerschlitze suchten sie nach dem nächsten Fallstrick des Lebens, in den er beherzt reinlatschen kann. Aber vorerst genoss er den Abend, die Band, den Applaus. Der Weg bleibt sein Ziel.