Luise Rainer wurde 1936 und 1937 mit dem Oscar ausgezeichnet. Die Deutsche ist die Erste, die zweimal hintereinander die begehrte Trophäe gewann. Heute lebt sie in London und wird am 12. Januar 100 Jahre alt.

London. Albert Einstein bewunderte sie. Ernest Hemingway bekam ihre Hilfe im Spanischen Bürgerkrieg, und sie verhalf Bertolt Brecht im Zweiten Weltkrieg nach Amerika. Federico Fellini bekniete sie vergebens, in "La Dolce Vita" mitzuspielen, und sie gewann als erste Schauspielerin gleich zweimal hintereinander einen Oscar, 1936 und 1937.

Doch Luise Rainer ist der Meinung: "Ich habe in meinem Leben nichts erreicht." Am 12. Januar wird die deutsche Schauspielerin 100 Jahre alt.

Vielen Menschen ist der Name Luise Rainer heute kein Begriff mehr. Ja, oft geht unter, dass sie als bisher einzige deutsche Darstellerin einen Oscar für eine Hauptrolle erhielt. "Deutschlands unberühmtester Hollywood-Star" wurde sie bereits getauft. Doch in den 30er-Jahren spielte Rainer in der Top-Liga mit Film-Diven wie Greta Garbo. Weil sie aber nach wenigen Jahren keine Lust mehr auf das "Tamtam" in Hollywood und auf "idiotische" Filme hatte, drehte sie der Traumfabrik den Rücken zu - und ihr Stern verglühte. "Es ging nur um Geld, Geld, Geld. Aber ich wollte gute Rollen spielen. Ich wollte immer besser werden, immer mehr lernen", erzählt Rainer, während sie in einem Sessel in ihrer Londoner Wohnung sitzt und eine Tasse Tee trinkt.

In ihrer luxuriösen Wohnung hängt wertvolle Kunst an den Wänden - Originale von Käthe Kollwitz oder Egon Schiele sowie Malerei aus dem 15. Jahrhundert. Daneben Ölbilder, die sie selbst gemalt hat, und alte Fotografien von ihr zusammen mit Einstein oder ihrem Ehemann, der vor 20 Jahren gestorben ist.

Luise Rainer hatte vor ihrer Zeit in Amerika schon eine Karriere am Theater in Deutschland und Österreich hinter sich. Sie kam in Düsseldorf zur Welt, lebte als Kind kurz in Hamburg und dann in der Schweiz. Ihre Mutter, eine Klavierspielerin mit jüdischen Wurzeln, zeigte Verständnis für ihren Wunsch nach einer Bühnenkarriere. Doch der Vater, ein Kaufmann, hielt nichts davon. "Er dachte, ich soll zur Schule gehen und dann heiraten."

Mit 16 Jahren machte sie sich heimlich auf nach Berlin, um bei keinem Geringeren als dem Regisseur Max Reinhardt vorzusprechen. "Niemand konnte mich stoppen. Ich wollte alles, was in mir war, geben." Zwar scheiterte sie beim Vorsprechen, doch über Engagements etwa in Krefeld und Düsseldorf gelangte sie doch noch zu Reinhardt am Wiener Theater in der Josephstadt.

Dort wurde sie vom Studio des Hollywood-Königs Louis B. Mayer, MGM, entdeckt und nach Amerika geholt. Aus Luise Rainer sollte die nächste Garbo werden - nicht allerdings, ohne sie wegen der Naziherrschaft in Deutschland als Österreicherin zu vermarkten. Über das dunkle Kapitel der deutschen Geschichte spricht Rainer weniger gern - Familienmitglieder kamen im Konzentrationslager um, erzählt sie.

In Amerika drehte sie kurz nach ihrer Ankunft im Jahr 1935 ihren ersten Film "Escapade" an der Seite von William Powell. Ein Jahr später spielte sie in "Der große Ziegfeld" und bekam für die Hauptrolle einen Oscar. Im Jahr darauf holte sie die Trophäe für ihre Rolle als chinesische Bäuerin in "Die gute Erde".

Doch Rainer machte sich nicht viel aus dem Ruhm. "Erfolg war mir ziemlich egal", sagt sie. Einen ihrer Oscars verwendete sie als Türstopper und schenkte ihn bei ihrem Umzug nach London einem Möbelpacker. "Er hat ihn so sehnsuchtsvoll angeschaut", bemerkt Rainer kichernd - allerdings orderte sie in Hollywood später Ersatz für den Oscar.

Nach ihren zwei Oscar-Filmen blieben vergleichbare Erfolge aus. Rainer war zudem eigenwillig und machte aus Frust über das Geldstreben in Hollywood bei MGM einen dramatischen Abgang. Auch später zeigte sie ihren eigenen Kopf. Eine Rolle in Fellinis "La Dolce Vita" lehnte sie ab, weil sie eine Sex-Szene mit Marcello Mastroianni spielen sollte.

Gern würde Luise Rainer wieder in die USA reisen, in das Land, von dem sie immer noch mit Leidenschaft erzählt. "Aber mein Arzt hat es mir verboten. Der Körper kann nicht mehr das machen, was der Kopf will."