Mit “Nord“ eifert Rune Denstad Langlo etwas zu sehr seinem Vorbild Kaurismäki nach

Früher einmal war Jomar Henriksen (Anders Baasmo Christiansen) ein erfolgreicher Skifahrer. Doch das ist lange her - nach einem Unfall musste er die Skimütze an den Nagel hängen. Schlimmer noch: Sein Freund Lasse (Kyrre Hellum) spannte ihm die Freundin aus. Nun verdingt sich Jomar als Liftwärter in der zugeschneiten Einöde Trondheims - auch nicht sehr prickelnd. Gründe genug also, um deprimiert zu sein. An manchen Tagen ist Jomar so schlapp, dass er den Kindern nicht einmal ein Ticket für den Lift verkaufen mag und sie umsonst fahren lässt. Am liebsten würde er in die Psychiatrie zurückkehren, wo er sich um nichts kümmern musste. Doch plötzlich steht Lasse, dieser Schuft, in der Tür. Nach einer kurzen Schlägerei teilt er Jomar mit, dass er einen vierjährigen Sohn von seiner früheren Freundin habe - hoch oben im Norden. Jomars Lebensgeister sind wieder geweckt - er will seinen Spross kennenlernen. Schnell einen Kanister Alkohol abgefüllt und sich aufs Schneemobil gesetzt - ab geht's. Um der Beiläufigkeit wegen, mit der Jomar zuvor sein Lifthäuschen aus Versehen abgefackelt hat, ahnt man bereits, dass es kurios und skurril weitergehen wird.

Der norwegische Regisseur Rune Denstad Langlo, der sich vor allem als Dokumentarfilmer einen Namen machte, scheint mit seinem ersten Spielfilm in die Fußstapfen von Jim Jarmusch, Aki Kaurismäki oder seines Landsmanns Bent Hamer ("Kitchen Stories"), seinen Vorbildern, treten zu wollen: Jeden noch so traurigen Moment löst er mit einer komischen Pointe auf, nicht einmal vor dem Leben hat er Ehrfurcht. Langlo kokettiert ein bisschen zu sehr mit seiner Lakonie, die die Grenze zum Makabren mehr als einmal überschreitet.

Der trockene Humor, der bei Kaurismäki etwa immer auch von der existenziellen Not seiner Figuren zeugt, ist hier bloß coole Attitüde. Doch immer dann, wenn man sich gerade ärgern will, versöhnt Langlo mit sorgfältig komponierten Breitwandtotalen der atemberaubenden Schneelandschaft, deren Weiß zwischen grauem Zwielicht und blendender Helligkeit wechselt. Ein ums andere Mal scheint sich Jomar in dieser Schneewüste zu verlieren. In diesen Momenten ahnt man als Zuschauer, welche Angst und Einsamkeit die Menschen hier befallen kann.

+++-- Nord Norwegen 2009, 78 Min., ab 12 Jahren, R: Rune Denstad Langlo, D: Anders Baasmo Christiansen, Kyrre Hellum, Marte Aunemo, täglich im 3001 (OmU), Zeise; www.nord-derfilm.de