Regisseur Terry Gilliam versammelt für “Das Kabinett des Dr. Parnassus“ die schönsten Männer Hollywoods

Dieser Film ist schon vor dem Start mit dem Ruf eines Vermächtnisses behaftet. Schließlich wäre er beinahe als unvollendetes Werk am Schneidetisch des genialen Terry Gilliam hängen geblieben. Denn während der Dreharbeiten zu "Das Kabinett des Dr. Parnassus" verstarb Hauptdarsteller Heath Ledger. Hinter diesem Schock drohte kurzzeitig zu verschwinden, dass der Regisseur und Ex-Monty-Python-Vordenker hier wieder einmal alle Knöpfe seiner unverfrorenen, durchgeknallten Ideenmaschine gleichzeitig bedient. Das sorgt überwiegend für Vergnügen, auch wenn es hier und da ins Uferlose ausfranst.

Im London des 21. Jahrhunderts zieht Dr. Parnassus (Christopher Plummer) als eine Art fahrender Schausteller mit seinem unförmigen Bühnenwagen durch die Lande. In seiner Show steigen mutige Zuschauer durch einen Spiegel in ein Zwischenreich ihrer Wünsche. Zur Seite steht ihm dabei unter anderem seine Tochter Valentina (Lily Cole).

Die hat Parnassus allerdings vor Jahren bei einer Wette mit dem Teufel im Tausch gegen die Unsterblichkeit eingesetzt. Und nun rückt ihm der Teufel mit Namen Mr. Nick (Tom Waits) auf die Pelle und verlangt Valentina – oder fünffachen Seelenersatz. Als die Gruppe dem undurchsichtigen Tony (Heath Ledger) das Leben rettet, kommt vollends Bewegung in das schon etwas abgestandene, von den Spinnweben der Zeit überwucherte Kabinett.

Gilliam verwebt in dieser visuell wieder fantastisch aufbereiteten Geschichte gleich mehrere zentrale Menschheitsfragen. Die universelle faustische Wette. Den Parnass als Sitz der Musen und Symbol für alles Lyrische. Und natürlich die Liebe zwischen der großäugigen, rebellischen Valentina und dem merkwürdigen, verhinderten Selbstmörder.

Als tragische Fußnote der Filmgeschichte tritt hier Heath Ledger nach seiner Batman-Vorstellung erneut als Joker mit den Schaustellern auf. Er mottet die antiquierten Gewänder ein und lockt mit neuem Bühnenanstrich die angeödeten Londoner Oberschichtlerinnen in die Welt hinter dem Spiegel. Nacheinander nehmen hier die drei Ersatztonys Johnny Depp, Colin Farrell und Jude Law den Faden auf und spinnen ihn weiter. Wobei vor allem Johnny Depp die Rolle vorzüglich meistert. Mit fantastischen Welten kennt er sich aus. Das Fiasko des Films erweist sich tatsächlich als Kunstgriff. Am Ende ist die Botschaft Terry Gilliams mal wieder überdeutlich: Die Welt kann sich noch so Fantasie-erstickend weiterdrehen, die guten Geschichten hören niemals auf.

++++- Das Kabinett des Dr. Parnassus F/GB/Kanada 2009, 122 Minuten, ab 12 Jahren, R: Terry Gilliam, D: Christopher Plummer, Lily Cole, Heath Ledger, Jude Law, Colin Farrell, Johnny Depp; täglich im Cinemaxx, Cinemaxx Harburg, Streit's, UCI Mundsburg, UCI Othmarschen Park; www.parnassus-derfilm.de