Am Sonnabend plädierte der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Burkhardt Müller-Sönksen, im Abendblatt dafür, die Rundfunkgebühr zugunsten einer Medienabgabe abzuschaffen. Nun antwortet ihm der Vorsitzende der SPD-Medienkommission, Marc Jan Eumann.

Für die FDP gibt es zwei Wundermittel: Steuersenkungen und Kopfpauschalen. Jetzt hat der FDP-Abgeordnete Müller-Sönksen diese Arznei der Medienwelt verschrieben: eine Medienabgabe für alle (Kopfpauschale), abgesenkt auf zehn Euro pro Person (Steuersenkung).

Gratis dazu als medienpolitisches Abführmittel empfiehlt Wunderdoktor Müller-Sönksen die Eliminierung der GEZ. Damit ist die liberale Medienwelt in Ordnung - nur mit der Wirklichkeit hat sie wenig zu tun.

Worum geht es? Wir führen derzeit eine wichtige Debatte darüber, wie insbesondere die Printmedien die neue technische Revolution bewältigen können. Sie müssen sich auf Felder begeben, auf denen sie mit ganz neuen sowie mit den alten elektronischen Medien konkurrieren. Es geht darum, die wichtige journalistische Kompetenz und die Vielfalt der Printmedien in größtmöglichem Umfang zu erhalten.

Gleichzeitig muss die Frage gelöst werden, wie der Verfassungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten zur Grundversorgung angesichts der technischen Revolution garantiert und eingelöst werden kann, ohne die privaten Medien in die Enge zu drängen. So wird die Debatte um ein neues Gebührenmodell mit der Frage verknüpft, wer was im Internet darf. Leider ist Differenzierung nicht die Sache der FDP - sonst hätte Müller-Sönksen nicht so viel durcheinandergebracht.

Hätten wir mit der von ihm geforderten Abschaffung der GEZ etwas gewonnen? Nein. Der Anteil der Aufwendungen für den Gebühreneinzug an den Gesamterträgen beläuft sich auf 2,26 Prozent. Nach Vorstellung der FDP sollen die Finanzämter künftig die Medien-Kopfpauschale ebenso einziehen wie jetzt schon die Kirchensteuer. Die evangelischen Kirchen müssen dafür im Durchschnitt 3,4 Prozent ihres Aufkommens an die Finanzbehörden bezahlen. Der Einzug durch die GEZ ist also günstiger.

Ein weiteres vom FDP-Politiker bemühtes Vorurteil lautet, Deutschland habe "den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt". Tatsächlich ist die Rundfunkgebühr schon in unseren Nachbarländern Dänemark und Schweiz höher. Nimmt man den Anteil der Gebühren am Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner zum Maßstab, liegt Deutschland genau im EU-Schnitt.

Die Länder wollen ein neues Gebührenmodell entwickeln, weil sich der Medienkonsum verändert hat und hybride Geräte den Markt erobern. In der analogen Welt war ein Radio ein Radio, ein Fernseher ein Fernseher, ein Telefon ein Telefon. Heute ist ein PC ein Radio, ein Fernseher, ein Telefon - ein Alleskönner eben. Was, wenn es künftig nur noch Alleskönner gibt? Ist dies das Ende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Einige wollen das. Das ist nicht die Position der SPD. Für uns bleibt der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in der digitalen Welt unverzichtbar. Ob der Gerätebezug zugunsten einer sogenannten Haushaltsabgabe aufgegeben werden kann, wird aktuell durch ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhoff geprüft - und dann erst entschieden. Die Anforderungen sind klar: Einfacher soll es werden und verfassungsfest bleiben. Greifen soll das neue Gebührenmodell ab 2013.

Müller-Sönksen spricht auch das Thema Wettbewerb an. Das ist ein entscheidender Punkt: Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat hier für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Linie gezogen: Die Anzahl der Sender von ARD, ZDF und Deutschlandradio wird festgeschrieben, ihr Online-Angebot muss den sogenannten Drei-Stufen-Test durchlaufen. In diesem Test geht es auch um den publizistischen Mehrwert und die Auswirkungen auf den Markt. Die Öffentlich-Rechtlichen dürfen im Netz eben nicht machen, was sie wollen. Einfach mal ein neues Angebot einzustellen geht nicht mehr.

Veränderungsbedarf gibt es aber ohne Frage: Ich plädiere dafür, dass mit der Umsetzung des neuen Gebührenmodells Schluss ist mit der Werbung bei ARD und ZDF. Das ist kurzfristig der wichtigste Beitrag für fairen Wettbewerb. Und langfristig? Für unsere Demokratie ist ein unabhängiges und vielfältiges Mediensystem unverzichtbar. Ob in zehn Jahren ausschließlich der öffentlich-rechtliche Rundfunk von den Rundfunkgebühren partizipieren soll, ist für mich eine offene Frage. Warum nicht auch die Lokalzeitung in Schleswig-Holstein oder das Stadtteil-Wiki in Hamburg? Hier ist echtes Umdenken gefragt - und nicht Populismus.