Hamburg. Wäre der Jazz eine Handelsware, kein Im- und Exportkaufmann von Verstand würde in Hamburg ein Geschäft damit eröffnen. Zu wenig Kundschaft, zu wenig Lieferanten, schlechte Infrastruktur. Diejenigen, die trotzdem Jazz führen, führen ihn unter anderem. Der Konzertveranstalter Karsten Jahnke gleicht Defizite im Jazz-Handel durch Überschüsse in profitableren Marktsegmenten aus, andere Händler von improvisierter Musik verlegen sich auf Synthesen zwischen Jazz und gefälligeren Klängen. Auch Rüdiger Herzog, der lange als Plattenmanager bei einem großen Konzern angestellt war, ehe er sich vor einigen Jahren selbstständig machte, veröffentlicht auf seinem Label Herzog Records keinen lupenreinen Jazz, sondern allenfalls jazzverwandte Musik.

Umso mehr macht sich Herzog, einst aus dem Schwarzwald nach Hamburg zugewandert, jetzt mit ungewöhnlichem Engagement um die Hamburger Jazzszene verdient. Eine Anfrage des Dubai Jazz Festivals nach den Nighthawks, die bei seiner Firma unter Vertrag stehen, münzte der Musikproduzent geschickt zu einem regelrechten Hamburg-Schwerpunkt des Festivals um. "Anthony Younes, der Leiter des Veranstalterbüros Chillout Productions, das das Dubai Jazz Festival organisiert, war gleich sehr angetan von der Idee, auch noch andere Hamburger Bands bei sich spielen zu lassen", erzählt Herzog. Nun gibt es auf seine Initiative hin zwischen dem 10. und 16. Februar sieben Abende lang en suite Hamburger Live-Jazz in Dubai: das Tingvall Trio, Nils Wülker, die Nighthawks, das Lutz Büchner Quartett, das Mischa Schumann Trio, das Massoud Godemann Trio und das Quintet Jean-Paul um den Saxofonisten Gabriel Coburger werden dem Festival, das nach dem Vorbild von Montreux überwiegend Headliner aus Rock und Pop wie James Taylor, die Brand New Heavies oder James Morrison präsentiert, mit ihren Klängen eine kräftige Portion Jazz mitgeben.

Eine derart geballte Ladung von Jazz (mostly) made in Hamburg dürfte es bislang noch nirgendwo außerhalb der Stadt gegeben haben. Dass darin auch ein gewisses Selbstdarstellungspotenzial für Hamburg liegen könnte, erkannte man auch in den Behörden. Hauptförderer ist die Senatskanzlei, Hamburg Tourismus hilft, auch die Airport Marketing. Das Referat Internationaler Kulturaustausch in der Kulturbehörde unterstützt den Jazz-Export an den Golf nach Kräften, ebenso das Hamburg Representative Office Dubai, das im Auftrag der Stadt seit vier Jahren Unternehmen und Institutionen aus Hamburg und den Vereinigten Arabischen Emiraten am Ort selbst berät.

Geduldig klapperte Rüdiger Herzog auch Stiftungen, Sponsoren und dem Jazz geneigte Institutionen ab, bis er schließlich genug Geld und Unterstützung beisammenhatte, um die Engagementverträge unterzeichnen zu können. Was treibt einen zu so viel Uneigennutz? "Für mich liegt die Substanz im Kulturellen, selbst wenn es um die Darstellung der Marke Hamburg geht", sagt Herzog. "Ich freue mich einfach für unsere Künstler. Man muss irgendwo anfangen. Und alle Bands sind gut!"

Am liebsten hätte er neben Gabriel Coburger, dem Bandleader des Quintets Jean-Paul, auch die Sängerin Ulita Knaus als Botschafterin des Hamburger Jazz an den Golf entsandt. Dann wären die beiden bisherigen Hamburger Jazzpreisträger der Dr.- Langner-Stiftung auf dem Dubai Jazz Festival vertreten gewesen. Aber Ulita Knaus hat, wie sie sagt, "aus vielerlei persönlichen Gründen" abgewinkt. Sie verstärkt den Ruf der Freien und Jazzstadt Hamburg ja schon in den Wochen zuvor, wenn sie vom 20. Januar bis 6. Februar auf große Deutschland-Tournee geht. Als erster Künstlerin des zeitgenössischen Jazz in Hamburg traut ihr der Impresario Karsten Jahnke zu, auf einer "JazzToday"-Tournee durch 15 Städte so viel Publikum anzulocken, dass das Unternehmen für ihn kein reines Mäzenatentum bleibt.