Mit Partner Klaus Maeck sucht Regisseur Fatih Akin nach dem besten Sound für seine Bilder. Sein Film “Soul Kitchen“ ist jetzt gestartet.

Hamburg. Wie in allen Filmen von Fatih Akin geht es auch in "Soul Kitchen" um Freundschaft und Liebe und um den Preis von beidem. Und mehr als in all seinen Filmen zuvor geht es diesmal um - Musik. "Soul Kitchen" heißt der Film-Imbiss in Wilhelmsburg, dessen unschlagbare Verbindung aus preiswertem Essen und cooler Musik in der Ottenser Kneipe "Sotiris" ihr Vorbild hat.

Wer je das Glück hatte, den Hauptdarsteller Adam Bousdoukos im "Sotiris" auf der DJ-Kanzel in Aktion zu erleben, während die Akin-Posse mit dem Regisseur in ihrer Mitte fröhlich zechend und speisend zu den Songs groovte, der weiß, dass für diese Herrschaften Musik kein Lifestyle-Produkt ist, sondern Grundnahrungsmittel für die Seele.

Schon bei seinen ersten Kurzfilmen "Sensin" und "Getürkt" kam Fatih Akin wiederholt persönlich ins Tonstudio, um die Musiker bei den Aufnahmen mit seiner Vision zu inspirieren. Dabei blitzte ihm die Leidenschaft für den richtigen Sound und die passende Atmosphäre aus den Augen, und auch wenn er selbst kein Instrument spielt, wusste er doch immer genau, was er wollte. Für "Soul Kitchen" gab es keinen Kompositionsauftrag wie früher, die Tonspur besteht komplett aus vorhandenem Material, aus dem, was die Filmleute Source music nennen. Die Handlung in "Soul Kitchen" wird begleitet bis vorangetrieben durch eine Mischung aus alten Soul-Titeln, Dub, griechischer sowie balkanischer Tanz-Folklore, Songs von Jan Delay und Hans Albers. Nachzuhören ist der Soundtrack auf einer Doppel-CD, die pünktlich zum Filmstart aufgelegt wurde - in der Luxusversion mit einem Kochbuch, das ziemlich deftige paneuropäische Versionen von Soul food zum einfachen Nachkochen bietet.

"Fatih schreibt immer mit Musik im Kopf", sagt Klaus Maeck, der Akin seit "Im Juli" musikalisch berät und 2004 mit ihm und Andreas Thiel die Produktionsfirma Corazón International gründete. Nachdem Thiel während der Dreharbeiten zu "Auf der anderen Seite" gestorben war, führten Maeck und Akin die Corazón-Geschäfte alleine weiter. "Dass wir für den Film 'Soul Kitchen' Soulmusik verwenden würden, stand nicht von Anfang an fest. Weil es ein Hamburg-Film werden sollte, dachten wir daran, nur Musik von Hamburger Bands zu verwenden. Aber da wir beide keine ausgesprochenen Fans der sogenannten Hamburger Schule sind, hat sich das bald zerschlagen."

Das Herz von Corazón International schlägt in kleinen Kammern eines Mietshauses im Portugiesenviertel am Hafen. Die Zimmerdecken sind niedrig, das Büro von Klaus Maeck wirkt geradezu peinlich aufgeräumt. Weil er es mit Ordnung früher nicht so hatte? Der heute so ruhige Mann, Jahrgang 1954, stammt aus Poppenbüttel, verwarf früh jeden Gedanken an eine Berufsausbildung und beschloss mit Anfang 20, "Anarchist und Punk zu werden". 1979 gründete er den Plattenladen Rip Off im Karoviertel, vier Jahre darauf ging er pleite. Später managte er die Einstürzenden Neubauten, mit deren Bassisten Mark Chung er bis heute den Musikverlag Freibank betreibt - Hauptmieter des Corazón-Hauses.

Wenn der Regisseur Fatih Akin mal wieder vom Unmöglichen träumt, weckt ihn sein Partner freundlich auf: "Sie kriegen halt im Leben keinen Song von Prince oder Michael Jackson für einen Film", seufzt Maeck. Er hat alles probiert, um für "Soul Kitchen" auch den gleichnamigen Doors-Titel freizubekommen - keine Chance. "Sogar fürs Nachspielen hätten die 100 000 Dollar haben wollen. Mit amerikanischen Rechteinhabern ist es entsetzlich mühsam." Von der Reggae-Legende Byron Lee, die Musik zu "James Bond jagt Dr. No" beigesteuert hatte, wollten Akin und Maeck ein nur noch auf LP vorhandenes Stück lizenzieren lassen: "Erst ging gar nichts, dann meldete sich Lee Byron plötzlich höchstpersönlich per Mail bei mir und wollte wissen, was das überhaupt für ein Stück sei. Über den Rechteverhandlungen ist er leider gestorben. Seine Erben meldeten sich dann über einen Anwalt, der statt der von uns gebotenen 10 000 Dollar 100 000 haben wollte."

Hamburg sah noch in keinem Akin-Film vor "Soul Kitchen" so oft so aus wie das schönste Detroit, das es je gab. Durch seine Ohren gehört, klingt diese Stadt nun auch mehr nach Soul als jede andere auf der Welt.

Das Zeise-Kino bringt ab 5. Januar eine Werkschau mit Fatih Akins Filmen. Eine Kritik finden Sie in LIVE.