Hamburg. Er schlurft mit Schlappen und Bademantel auf die Bühne wie ein alter Mann, verzieht das Gesicht, als er versucht, sich die Gitarre umzuhängen. Dann stellt er sich als Sänger der Altersheim-Combo "Rollator" vor, die von Michy Reincke ("ein wirklich netter junger Mann") als Vorgruppe eingeladen worden sei. Natürlich ist der Herr mit der grauenhaften Perücke niemand anders als Michy Reincke selbst, der sich diebisch freut, Ohrwürmer wie "Einmal den Zigeunern hinterher" malaltersgerecht langsam zu intonieren.

Auch mit 50, das ist sicher, hat der Hamburger Liedermacher seinen Sinn für Humor nicht verloren. Nach der Umbaupause - als "Rollator" ist man nicht mehr der Schnellste - kehrt Michy Reincke als Michy Reincke auf die Bühne des Tivoli zurück, in sein lange ausverkauftes Wohnzimmer, zu zwei Konzerten.

Es ist wie bei Klassentreffen, die ja zur Weihnachtszeit auch angesagt sind. Man freut sich aufs Wiedersehen - und vor allen Dingen auf die Geschichten von einst. Als guter Gastgeber weiß Reincke, was sich gehört, spielt all seine bekannten Lieder wie "Valerie, Valerie" oder "Nächte übers Eis" aus den Achtzigern, als er als "Felix de Luxe" im "Taxi nach Paris" beinah in die große bundesweite Karriere startete. Am Ende hat es dazu nicht ganz gereicht, obwohl Reincke auch mit dem Liedgut seiner neuen CD "Jetzt ist schön" begeistert. Er wird ein Mann für das Nischenprogramm bleiben. Sei's drum. Ein Klassentreffen in der kalten Colorline-Arena geht schließlich gar nicht. Da kommen wir doch lieber in unser Wohnzimmer an der Reeperbahn. Auch Ende 2010 wird der Michy wieder zum offenen Singen ins Tivoli einladen. Wir sind dabei. Ist doch klar.