Mönche diskutierten mit Medienmachern über das Berufsethos. Ein Austausch über Unabhängigkeit und verbindlichen Werte.

Meschede. Sie berichten über das Geschehen in der Welt, hart am Wind der Zeit, frei und unabhängig von Interessenverbänden: So arbeiten Journalisten - zumindest ihrem Selbstverständnis nach. Anders Mönche: Sie folgen einer Berufung, gehorchen den Grundregeln ihres Ordens, führen ein Leben im Dienste Gottes. Doch sind Journalisten wirklich so frei? Und Mönche wirklich so gebunden? Oder folgen nicht beide verbindlichen Regeln?

Dieser Frage gingen jetzt Mönche und Medienleute in der Benediktinerabtei Königsmünster im sauerländischen Meschede nach. Als Überschrift der Diskussion über das Selbstverständnis des Klosterlebens und das Berufsethos von Journalisten diente ein Appell des Apostels Paulus: "Ihr seid zur Freiheit berufen!"

Der frühere Abt Stephan Schröer legte aus Sicht eines Mönchs dar, was Freiheit für ihn bedeutet: Freiheit bedeute nicht nur Unabhängigkeit, sondern sie entstehe durch Bindung - etwa an die Gemeinschaft der Brüder, die Ordensregeln der Benediktiner und an das Wort Gottes. Erst dadurch spüre er "die Kraft, aus der heraus ich frei werden kann", sagt Bruder Stephan, der die Benediktinerabtei bis 2001 leitete.

Für Ernst Elitz, bis April Intendant des Deutschlandradios, gibt es keinen anderen Beruf, der so viel Freiheit bietet wie der des Journalisten. Allerdings gebe es die Freiheit nicht auf einem Silbertablett serviert: "Häufig müsste man investigativ vorgehen, Ellenbogen einsetzen", sagt Elitz. Deshalb erfordere der Beruf des Journalisten auch Risikobereitschaft und den Mut zu einer pointierten Sprache.

Andere scharf kritisieren? Darauf verzichtet Bruder Stephan Schröer. Die Aufgabe der Mönche sieht er darin, die eigene Freiheit "in aller Bescheidenheit" zu leben. Das Kloster allerdings sei ein "Gesinnungsbetrieb", der seine Werte offen kommuniziere.

Nach Ansicht von Elitz liegen auch der journalistischen Arbeit verbindliche Werte zugrunde. Als "Sachverwalter des öffentlichen Interesses" und "Welterklärer" sollten Medienmacher die Bürger informieren - gemäß den Geboten von Fairness, Glaubwürdigkeit und Wahrheit. "Um der Werte willen" müsse ein Journalist manchmal sogar Nachteile in Kauf nehmen. Konkret könne das bedeuten, dass ein Journalist einen Verlag besser verlasse, wenn dessen inhaltliche Ausrichtung den Grundsätzen des Journalismus zuwiderlaufe.

Auch Elitz weiß indes, dass die Wirklichkeit meist anders aussieht und Medienmacher häufig hinter ihren eigenen Ansprüchen einer unabhängigen Berichterstattung zurückbleiben. Der Einfluss von Interessenverbänden zeige sich, so Elitz, bisweilen allzu deutlich. Etwa wenn Journalisten unreflektiert die Sprache der Lobbyisten übernehmen und von "Mindereinnahmen" statt Verlusten reden, von "Nullwachstum" statt Stagnation oder von "Flexibilitätspuffern" statt Zeitarbeitern. Aufgabe des Journalisten sei es, solche Sinnverkehrungen zu entlarven und nicht zu "Missionsstationen" bestimmter Interessen zu werden.

Manfred Protze, stellvertretender Vorsitzender im Bundesverband der Deutschen Journalistenunion (dju), glaubt, dass Journalisten "durch die Veränderungen von Arbeitsplätzen in den Medienunternehmen" nicht immer ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen seien, womit "Glaubwürdigkeit als Grundkapital der Medien" gelitten habe.

Der dju-Vorstand verabschiedete im November erstmals eine ausführliche Grundsatzerklärung zum "Berufsbild Journalismus", um damit in "Auseinandersetzung mit den Unternehmen und der Politik zu gehen", sagte Protze.

Die Erklärung legt auch eine "ethische Basis" fest, wie sie in den publizistischen Grundsätzen des Deutschen Presserats formuliert ist. Journalisten werden darin aufgefordert, die Menschenrechte zu achten und zu verteidigen. Auch Journalisten folgten somit übergeordneten Werten: Ihre Arbeit sei dem öffentlichen Interesse verpflichtet.

In diesem Sinne widerspricht Protze auch einem viel zitierten Satz des ehemaligen Tagesthemen-Moderators Hanns Joachim Friedrichs (1927-1995), der postulierte: "Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache." Protze hält dagegen: "Als Journalisten achten wir die Menschenrechte - und treten aktiv für sie ein, weil wir selbst Nutznießer dieser Rechte sind."