Hamburg. Für Mozarts g-Moll-Sinfonie Nr. 40 brauchte Herbert Blomstedt am Donnerstag in der Laeiszhalle weder Podest noch Taktstock noch Partitur. Warum auch: Die NDR Sinfoniker spielten das Werk fast in Kammerorchesterbesetzung. Entsprechend schlank, intim und transparent war der Klang. Verblüfft sah man dabei zu, mit welcher Fülle an Zwischentönen das Orchester der anmutigen Zeichensetzung des 82-jährigen Maestros folgte; oft drehte er nur sachte das Handgelenk, mit den Armen und Händen modellierte er die Musik wie ein introvertierter Tänzer.

Blomstedt hat diese altmeisterliche Souveränität, bei der die Tempi stimmen und die eigene Funktion als Diener der Musik nie in Zweifel steht. Der vermeintlich düsteren Sinfonie gab er eine gelassen strahlende Luzidität.

Bruckners 2. Sinfonie leitete Blomstedt nach der Pause vom Podest aus und mit Taktstock. Denn jetzt spielte das Orchester in voller Besetzung, und das wegen seiner häufigen Zäsuren als "Pausen-Sinfonie" verschriene Werk verlangt viel Übersicht und Koordination. Auch mit der von ihm gewählten früheren Fassung von 1872, die der Bruckner-Forscher William Carragan rekonstruierte und die erst seit vier Jahren zur Verfügung steht, ist Blomstedt hinreichend vertraut, um sie auswendig zu dirigieren.

Wenn so vieles gelingt: das Solo-Horn im Finale nicht nur kieksfrei über die Runden kommt, sondern klangschön intoniert, die Holzbläser wunderbar homogen zusammenspielen, die Streicher sich im Ohr so anfühlen wie Moos unter den Fußsohlen. Dann ist man fast erleichtert über ganz kleine Konzentrationsstörungen im Orchester. Sie zeigen: auch hier sind Menschen am Werk, keine Engel.