Die Italienerin Cristiana Capotondi spielt die Hauptrolle der Kaiserin Elisabeth von Österreich. An Romy Schneider reicht das nicht heran.

Hamburg. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit. Wenn es um Filmbiografien und Klassiker der Fernseh- oder Literaturgeschichte geht, machen Produzenten und Redakteure so schnell vor nichts halt: Thomas Manns "Buddenbrooks" und Jack Londons "Seewolf", Helmut Kohl und Romy Schneider - sie alle durften und dürfen wir in diesen Wochen auf dem Bildschirm bewundern. Fortsetzung folgt, so viel ist sicher.

Das Remake-Stündlein schlägt zuverlässig all jenen, die nur unter dem leisesten Mythos-Verdacht stehen. Was einst begeisterte, so die Überlegung, lässt auch spätere Generationen nicht kalt. Und die Älteren schalten aus Nostalgie ohnehin wieder ein. Jedenfalls hat sich das ZDF mit "Sisi", in diesem Fall historisch korrekt mit nur einem "s", des Lebens der Kaiserin Elisabeth von Österreich (1837- 1898) angenommen. "Sissi" allerdings, die falsch Geschriebene, wurde in den 50er-Jahren von Romy Schneider verkörpert.

Womit das Auffälligste an Xaver Schwarzenbergers Zweiteiler (Teil zwei am Sonntag, 20.12.) schon benannt wäre: Die 29-jährige Italienerin Cristiana Capotondi (das Projekt ist eine Koproduktion von ZDF, ORF und der italienischen RAI) ist eine sehr schöne Frau mit Porzellanteint, die aussieht, als wäre sie einem teuren Gemälde entstiegen. In Erinnerung bleiben, wie Romy Schneider seinerzeit, wird sie mit der Rolle allerdings nicht. Denn all das, was diese Figur charakterisiert - die altbackene Kleinmädchenhaftigkeit, das Naiv-Naseweise und der ausladende Gestus -, wäre dem Zuschauer schnell ganz gehörig auf die Nerven gegangen, hätte die damals 17-jährige Romy Schneider nicht eine übergroße Portion Charme obendrauf gepackt und sich so an der Seite von Karlheinz Böhm als Kaiser Franz in die Herzen von ganz Europa gespielt.

"Wir wollten nie ein Remake machen", sagt Jan Mojto, Chef der Produktionsfirma EOS, über die elf Millionen Euro teure Produktion, die unter anderem in der Wiener Hofburg und in Schloss Schönbrunn gedreht wurde. "Wir wollten nie eine Gegen-'Sisi' machen. Wir wollten eine Geschichte erzählen, die damals fasziniert hat und heute noch fasziniert." Capotondi erklärte, sie wolle nur einen "guten Job machen" und keinesfalls mit Romy Schneider konkurrieren. Logisch, dass sie es doch tut, und genauso logisch, dass die Neuverfilmung einem Vergleich mit der Vorlage von Ernst Marischka standhalten muss.

Regisseur Schwarzenberger ("Margarete Steiff") wünschte sich "vielschichtigere Charaktere" (kam es darauf jemals an bei "Sissi"?) und einen größeren politischen Hintergrund (hatte "Sissi" einen Hintergrund?). Es bleibt dann aber doch bei viel Gold, viel Prunk, Kutschen, Kristallkronleuchtern und Roben, der Konflikt zwischen Österreich und Ungarn wird nur zart angedeutet. In Zahlen liest sich das so: 2000 Komparsen, 20 Kutschen und 100 Pferde, 700 Kostüme, 40 davon allein für Elisabeth. Opulenz und schöne Bilderbögen kann man dem Film nicht absprechen, der laut ZDF bereits in 50 Länder verkauft ist.

Er beginnt in der bayerischen Idylle, in der Sisi in ihrer Familie unbeschwert aufwächst. Eigentlich ist ihre Schwester Nené für die Heirat mit Kaiser Franz Joseph von Österreich (David Rott) vorgesehen, doch der verliebt sich bei der ersten Begegnung in Wien Knall auf Fall in Sisi. Es folgen Hochzeit, Geburten und erste Krisen: Die Politik lässt dem Gatten kaum Zeit für Zweisamkeit, die herrische, zutiefst konservative Schwiegermutter, Erzherzogin Sophie, gespielt von Martina Gedeck, der in Sachen tödlicher Blick so leicht keiner was vormachen kann, will Sisi kontrollieren und macht ihr zunehmend das Leben zu Hofe schwer. Tragischer Höhepunkt des Konflikts und Ende des ersten Teils ist die Auslandsreise nach Ungarn, während der die älteste Tochter infolge einer akuten Lungenentzündung stirbt. "Du bist schuld an ihrem Tod", zischt die Erzherzogin der in Tränen aufgelösten Mutter zu. Auf Schmacht folgt Schluchz.

Die beiden jeweils 100 Minuten langen "Sisi"-Filme sollten ursprünglich Ende Dezember laufen, die Ausstrahlung wurde dann aber vorgezogen. Wohl auch, weil man eine direkte Konkurrenz mit der Original-"Sissi" vermeiden wollte. Die nämlich ist am 23., 25. und 26. Dezember beim Privatsender Sat.1 zu sehen. Man kann sich, statt fünf Abende auf der Couch zu verbringen, auch einfach die Romy-Schneider-Ausstellung in der Deutschen Kinemathek Berlin ansehen, inklusive "Sissi"-Krönungskleid. Da lebt die Legende tatsächlich, die in "Sisi" nur abgefilmt ist.

Historiendrama: Sisi. Heute, 20.15 Uhr ZDF