Ein Film, der sich produktiv mit kindlichen Ängsten und Fantasien auseinandersetzt - gerade auch für Eltern interessant.

"Du bist außer Kontrolle", sagt die Mutter zu Max, als der Junge wie besinnungslos im Wolfskostüm durchs Haus tobt. Es ist eine rasante Fahrt, die Regisseur Spike Jonze in "Wo die wilden Kerle wohnen" in den ersten zehn Minuten unternimmt. Die Kamera bleibt stets auf Augenhöhe zu dem Jungen, verfolgt ihn mit schnellen Schwenk- und Zoombewegungen und stürmt nach dem Streit mit der Mutter gemeinsam mit ihm hinaus in die winterliche Nacht. Von der ersten Minute an lässt Jonze keinen Zweifel daran, dass er sich ganz und gar der kindlichen Subjektivität verschreibt.

Gerade einmal 338 Wörter umfasst Maurice Sendaks "Wo die wilden Kerle wohnen", das sich auf einer Traum- und Symbolebene mit den dunklen Seiten der kindlichen Seele beschäftigt. Schrecklich sehen die riesigen Monster aus, die Max in seiner Fantasiewelt trifft, aber auch irgendwie kuschelig und unbeholfen in ihren zerstörerischen Bewegungen. Anfangs drohen sie noch den Jungen zu fressen, aber dann machen sie ihn zu ihrem König.

Tief hinein segelt Jonze in die kindliche Fantasiewelt, bebildert sie mit ebenso unheimlichen wie wunderschönen Naturkulissen, in die sich die liebenswerten Ungeheuer nahtlos einfügen. Dass es in der Seele eines Kindes nicht immer harmonisch zugeht, sondern widerstreitende Gefühle wie Angst und Allmacht, Glück und Melancholie, Aggression und die Sehnsucht nach Geborgenheit Platz haben - darauf lässt sich Jonzes poesievoller Film vorbehaltlos ein.

Beim Start in den USA hat der Film die Kritik gespalten. Genau wie beim Erscheinen des Buches wurde auch hier vor einer Traumatisierung des jungen Publikums gewarnt. Das ist vielleicht übertrieben, aber richtig ist, dass man sein Kind mit diesem Film nicht allein lassen sollte. "Wo die wilden Kerle wohnen" ist kein Family-Entertainment, sondern ein Film, der sich produktiv mit kindlichen Ängsten und Fantasien auseinandersetzt - gerade auch für Eltern interessant.

++++- Wo die wilden Kerle wohnen USA 2009, 101 Min., ab 6 J., R: Spike Jonze, D: Max Records, Catherine Keener, Mark Ruffalo, täglich im Cinemaxx, Cinemaxx Harburg, Koralle-Kino, UCIs Mundsburg, Othmarschen Park, Smart-City; www.wodiewildenkerlewohnen-derfilm.de