Liegt in Hamburg - auch dank des Reeperbahn-Festivals - schon ein starkes Fundament für eine innovative Popmesse? Dieter Gorny sagt Ja.

Hamburg. Unter den 17 000 Besuchern und 1000 akkreditierten Branchenexperten des vierten Reeperbahn-Festivals war dieses Jahr auch ein Mann, dessen Wort in der Popszene besonderes Gewicht hat: Dieter Gorny, Gründer von "Viva TV" und Initiator der 1989 ins Leben gerufenen Musikmesse "Popkomm", die 2003 Köln in Richtung Berlin verließ und dieses Jahr mangels Zuspruch abgesagt wurde.

Der Leiter des Bundesverbandes Musikindustrie, laut eigenem Bekunden Interessenvertreter von 90 Prozent der Branche, besuchte im September den Kiez als Redner, Experte und Kontakter beim angeschlossenen Branchentreff "Reeperbahn Campus" - und war zufrieden mit den Konzerten und den Debatten um Chancen und Krisen der Musikwirtschaft: "Das Reeperbahn-Festival und Campus waren dieses Jahr eine großartige Verbindung des alten Kiez-Mythos mit emotionalen Konzertmomenten und bereichernden Diskussionen der Musikbranche. Was die Veranstalter mit dem Campus aus dem Stand gewagt haben, kann man nur würdigen" sagte er jetzt dem Abendblatt.

Diese Worte sind brisant, denn diese Woche sorgte er nach einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur für Wirbel in der Hauptstadt. Die für September 2010 geplante "Berlin Music Week" als Verknüpfung von Berlin Music Days, all2gethernow und Popkomm, sprich von Konzerten und Messe, sei ihm mit dem derzeitigen Konzept zu regional begrenzt und im Gegensatz zum Beispiel zur Berliner "Fashion Week" kein "internationales und marktrelevantes Ereignis". Derweil habe "die Absage der Popkomm eine spürbare konzeptionelle Aufbruchstimmung in anderen Städten erzeugt". Gemeint waren Köln als Ort der Messe "c/o pop" und Hamburg mit dem Reeperbahn-Festival. Gorny provokant: "Es muss nicht immer alles um jeden Preis in der Hauptstadt sein."

Gegenüber dem Abendblatt wird Gorny konkreter: "Das Reeperbahn-Festival hat die idealen Voraussetzungen als deutscher Treffpunkt für die internationale Popbranche. Niemand braucht eine Musikmesse in sterilen Hallen. Sondern da, wo sie lebt, das ist das Potenzial und die Chance für Hamburg." Sollte sich das Reeperbahn-Festival nebst Campus mit dem populären Motto "New International Music" noch weiter über Deutschland hinaus profilieren, kann sich Gorny "vieles vorstellen, aber wir schauen uns noch an, wie sich die Konzepte in den Städten entwickeln. Eins ist klar: Jetzt muss losgelegt werden."

Gorny steht auch im Kontakt mit Bernd Aufderheide, einem Wegbegleiter der Popkomm aus Kölner Tagen und Geschäftsführer der Hamburg Messe und Congress GmbH, die sich ebenfalls bei Reeperbahn-Festival und Campus beteiligen könnte. Aufderheide: "Wir haben exzellente internationale Kontakte und natürlich starkes Know-how in Sachen Messetechnik und Vermarktung." Zurzeit würde an einem Konzept für eine international breit aufgestellte Pop-Messe gearbeitet, aber auch Aufderheide betont, dass "niemand mehr eine Popmesse in Form der früheren Popkomm braucht, sondern ein Erlebnis, welches von Anfang bis Ende des Tages lebendig die internationale Popwelt vorstellt, vermittelt und diskutiert. In den Klubs."

Alexander Schulz, Geschäftsführer von Inferno Events und Veranstalter des Reeperbahn-Festivals, freut sich über das Interesse und einen baldigen Austausch sowohl mit Dieter Gorny als auch mit der Hamburg Messe, macht aber deutlich: "Das Reeperbahn-Festival ist eine Live-Veranstaltung, der sich der Campus dieses Jahr angeschlossen hat, damit sich Booker, Plattenfirmen, Veranstalter und Musiker tagsüber austauschen und abends zusammen mit den Fans rocken können. Und das wird es auch bleiben: ein Festival für alle Menschen, die Musik leben!"