Die Avantgarde-Elektroniker Die Goldenen Zitronen spielten ein inspirierendes Konzert im Uebel & Gefährlich. Vorgruppe war Station 17.

Hamburg. Für die einfache Unterhaltung sind andere da, das zeigt schon die Wahl der Vorgruppe beim Konzert der Goldenen Zitronen im Uebel & Gefährlich: Station 17 ist ein Grenzen einreißendes Musikprojekt, bei dem behinderte und nicht behinderte Menschen mitreißenden Elektro-Rock entstehen lassen.

Die Hamburger Punk-Instanz Goldene Zitronen liebäugelt dann für 90 Minuten mit Trash, Ironie und Verweigerung: Frontmann Schorsch Kamerun ist mit einem bunt gemusterten Bademantel bekleidet, tanzt über die Bühne, mimt den irren Schamanen. Die anderen Musiker tragen Teufelshörner, Vampirumhänge oder einen Fakirturban im Schein psychedelischer Lava-Lampen-Lichtprojektionen.

Von den "Goldies" kommen keine schmissigen Punk-Hits, keine verbrüdernden Ansagen, kaum ein freundliches Wort. Stattdessen: der skurril-poetische Sprechgesang, der sich auf der letzten Platte "Lenin" sowie der aktuellen "Die Entstehung der Nacht" entwickelte. Bei "Mila", "Wenn ich ein Turnschuh wär" und "Positionen" sind die Melodien nur indirekt zu bestimmen, kollagenhaft konkurrieren Rhythmen miteinander, aber keiner setzt sich durch. Erst bei der umfangreichen Zugabe, die fast ein Drittel der Show ausmacht, werden Publikumswünsche erhört: "80 000 000 Hooligans" und "Bürgermeister" werden euphorisch abgefeiert.

Die kritische Perspektive der Zitronen erstreckt sich nicht nur auf Politik und Gesellschaft, sie fängt beim Genuss eines Popkonzerts an: Mit ihrer Show führt die Band dem Szenepublikum dessen eigene Verhaftung im Popkosmos vor Augen.