Ende November will der Senat darüber entscheiden, welches Ressort wie viel sparen muss. Gemeinsam wehren sich Hamburger Künstler, Bürger und Kulturschaffende gegen die Kürzung des Kulturhaushalts. Sie sagen klar: Das beschädigt die Zukunft der Stadt!

Hamburg. "Diese Kürzung wäre eine politische Fahrlässigkeit." So urteilt der Schriftsteller und Hamburger Ehrenbürger Siegfried Lenz über die im Senat diskutierten Sparpläne, soweit sie das Kulturressort betreffen sollen. Intendanten, Museumsdirektoren, Schauspieler, Künstler, Musiker, Mäzene, Film- und Fernsehleute, Schriftsteller und Kulturmanager sowie Veranstalter wehren sich mit ihren persönlichen Statements gegen die Sparabsichten des Senats. In der bereits angekündigten Sparrunde für den Haushalt 2010 könnte der Hamburger Kulturetat um mehr als zehn Millionen Euro (Kulturhaushalt derzeit: 211 Millionen Euro) gekürzt werden.

Bereits in den vergangenen Wochen hatte das Abendblatt eine Debatte über Sinn oder Unsinn dieser Kürzungen angestoßen, an der sich viele Kulturmacher beteiligten. Überwiegender Tenor der facettenreichen Argumente: Hände weg vom Kulturetat! Der Präsident der Hamburger Musikhochschule, Elmar Lampson, fordert: "Hier muss investiert, nicht gekürzt werden."

Der vielstimmige Appell der Hamburger Kultur soll den Senat zum Einlenken bringen. Der will morgen die Höhe der voraussichtlichen Steuerausfälle für das kommende Jahr bekannt geben und Ende November die konkreten Sparmaßnahmen für alle Ressorts beschließen.

Zusammen mit der ebenso kreativen und hartnäckigen Diskussion der Künstler um die Zukunft des Gängeviertels - die den Senat bereits zum Umdenken veranlasst hat - ist dieses öffentliche und gemeinsame Eintreten für einen unverminderten Kulturetat ein weiterer Beweis für das neue Selbstbewusstsein der Hamburger Kultur. Offenbar hat die Politik jetzt mehrere Schmerzgrenzen überschritten; das über lange Jahre gewachsene Einzelkämpfertum der Kulturinstitutionen um öffentliche Zuwendungen scheint aufzubrechen. Für die Zukunft der Hamburger Kultur kann sich das nur positiv auswirken.

Wer glaubt, es sei künftig mit punktuellem Umdenken getan und Kulturetat-Verteidiger sowie Gängeviertel-Geister würden von selbst wieder verschwinden, der verkennt die neue Situation. Den Kulturmachern der Stadt geht es längst nicht mehr nur um das Bewahren ihres eigenen Arbeitsfelds oder um eine bunt bemalte Wohnecke im Herzen der Stadt. Sie wollen mehr.

Sie fordern eine menschliche Stadt, die nicht einzig immer und überall nach den Regeln optimaler Kapitalverwertung funktioniert. Eine Stadt, in der die Bewohner mit ihren vielfältigen Interessen im Mittelpunkt stehen. Eine Stadt, in der Kultur und Künstler nicht bloß touristisch attraktive Dekoration zur Aufwertung des Standorts Hamburg sind. Oder Pioniere in heruntergekommenen Vierteln - als Zwischennutzer, die weiterziehen sollen, wenn's immobilientechnisch lukrativ wird.

Die Kultur will endlich mit ihrer Leistung für die Menschen, die Wirtschaft und die Zukunft in dieser Stadt ernst genommen werden. Und das ist eine Riesenchance für Hamburg.