Die Mutter der deutschen RTL-Sender machte im ersten Halbjahr 62 Millionen Miese: Ihre Werbeerlöse sind eingebrochen.

Hamburg. Es ist noch gar nicht lange her, da nannte der Vorstandschef der RTL Group, Gerhard Zeiler, stolz seine TV-Holding die "Milchkuh" des Medienkonzerns Bertelsmann. Schließlich überwies das Fernsehunternehmen, zu dem auch die deutsche RTL-Senderfamilie gehört, jedes Jahr ein paar Hundert Millionen Euro an die Muttergesellschaft im ostwestfälischen Gütersloh.

Nun droht die Milch zu versiegen: Im ersten Halbjahr 2009 ging nicht nur der Umsatz der RTL Group um 9,6 Prozent auf 2,588 Milliarden Euro zurück. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag bei nur noch 318 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es 502 Millionen Euro. Noch schlimmer: Unterm Strich machte der TV-Konzern einen Verlust von 62 Millionen Euro.

Ausgerechnet die RTL Group. In puncto Profitabilität gilt sie als Vorbild der Branche. Als die ProSiebenSat.1 Media AG schon Miese machte, fuhr sie noch satte Gewinne ein. Wenn schon die Musterknaben aus Luxemburg Verluste machen, muss es um das Privatfernsehen schlecht bestellt sein.

Tatsächlich schrumpfte im ersten Halbjahr in Deutschland wegen der Wirtschaftskrise der TV-Werbemarkt um 14 Prozent. Die Märkte anderer Länder hat es noch härter getroffen: In Spanien beläuft sich der Rückgang der TV-Werbung auf mehr als 30 Prozent. Hinzu kommt, dass Werbekunden längst nicht mehr die in den Preislisten ausgewiesenen Tarife für ihre Spots zahlen müssen. Experten schätzen, dass nach den letzten Rabattschlachten von jedem offiziell in den Listen ausgewiesenen Werbeeuro nur noch knapp 40 Cent von den Sendern verlangt werden.

Der Gewinnrückgang in Deutschland hält sich mit 25,5 Prozent für die RTL Group noch halbwegs im Rahmen. Schlecht laufen hingegen die Geschäfte in Großbritannien. Hier musste die Gruppe - ebenso wie in Griechenland - eine Wertberichtigung vornehmen. In England war es bereits die zweite innerhalb eines Jahres. Insgesamt schrieb die RTL Group im ersten Halbjahr 234 Millionen Euro ab.

Besserung ist nicht in Sicht. RTL-Group-Chef Zeiler mag wegen des immer kurzfristigeren Buchungsverhaltens der Werbekunden keine Prognose abgeben. An eine schnelle Erholung der Branche glaubt er aber nicht - auch nicht nach einem Ende der Wirtschaftskrise. "Für Werbekunden wird das Angebot immer größer", sagt er. "Fast täglich entstehen neue Fernsehsender." Zudem erwachse dem TV im Internet neue Konkurrenz. Zeiler fürchtet, dass wegen der steigenden Zahl der Wettbewerber die Werbepreise noch sehr lange unter Druck bleiben.

Deshalb hat der Chef seiner RTL Group einen strikten Sparkurs verordnet. Allein im ersten Halbjahr wurden 198 Millionen Euro eingespart, davon 97 Millionen in Deutschland. In England musste jeder vierte Mitarbeiter gehen. In der Regel spart die TV-Holding aber am Programm. Für die Zuschauer heißt das: Es gibt mehr Wiederholungen. Bisher haben sie das klaglos akzeptiert. Der Zuschauermarktanteil ist eine der wenigen Positionen in der Bilanz, die erfreuliche Zahlen ausweist.

Investieren will Zeiler in Geschäftsfelder, die er für zukunftsträchtig hält. So sollen Digitalkanäle wie RTL Crime und RTL Passion Zuwachs bekommen. Viel verspricht sich Zeiler auch von noch mehr TV-Inhalten, die sich über Plattformen wie RTL Now online abrufen lassen. In zusätzliche Internet-Angebote wie die sendereigene Kontaktbörse "Wer kennt wen" möchte er ebenfalls Geld stecken.

Stärken will der Chef der RTL Group auch die Produktion von TV-Inhalten. Mit der Firma Fremantle gehört der Gruppe eine der weltweit größten Produktionsgesellschaften. Zu deren Portfolio zählen so bekannte Formate wie "Das Supertalent" und "Deutschland sucht den Superstar". Die Fremantle-Produktionen sind nicht nur bei Sendern der Gruppe zu sehen. So läuft beim US-Sender NBC gerade die vierte Staffel von "America's Got Talent", der amerikanischen Version von "Das Supertalent".

Mit dieser Mischung aus striktem Sparkurs und Investitionen in ausgesuchte Geschäftsfelder will Zeiler die RTL Group halbwegs heil durch die Krise bringen. Bereits jetzt schließt er aus, dass die Gruppe das Geschäftsjahr 2009 mit einem Nettoverlust abschließen wird.

Für den Medienkonzern Bertelsmann wird das nur ein schwacher Trost sein. Dass seine profitabelste Tochter derzeit so schwächelt, ist kein gutes Omen für den kommenden Montag. Dann präsentieren die Gütersloher ihre Halbjahreszahlen.