Hamburg. Eine Woche nach dem intimen Kammermusikabend mit Schumanns Liederspielen schlüpfte Thomas Quasthoff in eine ganz andere Rolle. Im ausverkauften Michel sang er die Hauptpartie von Mendelssohns Oratorium "Elias" - und machte die Figur des alttestamentlichen Propheten in all ihren Facetten lebendig: Der Bassbariton erfüllte den grimmigen Eifer mit kerniger vokaler Kraft, ließ bei der Begegnung mit den heidnischen Priestern giftige Gehässigkeit aufblitzen und betörte in lyrischen Momenten durch seinen warmen Farbreichtum.

Mit dieser reich differenzierten Gestaltung setzte Quasthoff hohe Maßstäbe, denen auch seine Kollegen größtenteils gerecht wurden: Sopranistin Soile Isokoski bestach mit leuchtendem Glanz, Tenor Werner Güra verströmte lyrischen Schmelz - nur die Altistin Bernarda Fink blieb blass und hatte Mühe, sich in der wolkigen Akustik durchzusetzen.

Auch der Chor St. Michaelis konnte trotz genauer Artikulation keine lückenlose Textverständlichkeit garantieren, gefiel aber durch Ausdruckswillen, kultivierten Klang und eine große dynamische Bandbreite: ein Resultat der sorgfältigen Arbeit von Christoph Schoener, der flüssige Tempi wählte und so jede Süßlichkeit vermied. Im Originalklangorchester "Concerto con Anima" hatte er zuverlässige Partner an der Seite - nur vereinzelt, wie bei der wunderbaren Arie "Es ist genug", machten sich Intonationsschwächen bemerkbar. Insgesamt jedoch eine sehr stimmige und anrührende Interpretation.