Er schreibt die Songs für Annett Louisan, Ina Müller und Roger Cicero - und jetzt für sich. Am Freitag erscheint sein Album “Große Jungs“.

Hamburg. "Jetzt singt sie auch noch" nannte Barbara Schöneberger vor zwei Jahren ihr erstes Album voller Lieder über Männer und Frauen und ihre kleinen gemeinsamen Schwierigkeiten. Und dann sind da noch Ina Müller und Annett Louisan, die machen im Prinzip das Gleiche. Das männliche Gegengewicht: Roger Cicero. Da wird ironisiert, bloßgestellt, gelästert. Beziehungen werden analysiert, Nebenbuhlerinnen eliminiert. Ildikó von Kürthys Bücher als Chanson, Swing, Bossa nova, Country und Jazz. Man könnte meinen, dass viele dieser Texte aus derselben Feder stammen. Zum Beispiel von Frank Ramond. Und so ist es auch.

Der 1964 in Istanbul geborene Sohn eines französischen Vaters und einer deutschen Mutter ist eigentlich genau der Mann, der nicht in Schönebergers und Müllers Jagdschema passen würde: seit zehn Jahren glücklich verheiratet, Vater von zwei Kindern, ein Einfamilienhaus mit Gartenteich in Trelde/Nordheide. Hätte er nicht Udo Lindenberg getroffen, dann wäre er nicht mit 29 Jahren Songschreiber, Texter und Produzent geworden, sondern Anwalt. Aber seitdem schneiderte er - oft zusammen mit Komponist Matthias Hass - ungezählten Künstlern Reime auf den Leib, und das ohne Berührungsängste: Yvonne Catterfeld, Roger Whittaker, DJ Ötzi - Job ist Job, und als Ausgleich gab es neben Tantiemen für über 300 Titel (Ramond ist stellvertretender GEMA-Aufsichtsrat) als kleinen Sachpreis einen Echo für den besten Produzenten 2006. Und jetzt singt er auch noch.

"Große Jungs" heißt Ramonds erstes eigenes Album, das sich musikalisch zwischen Louisan, Müller und Schöneberger - also Ramond - bewegt. Chanson-Pop-Formfleischschnitzel, aber leicht bekömmlich. Darauf singt er mit leicht angerauchter, aber doch dünner Stimme die ironisierten Befindlichkeiten eines Ü40ers. Häusliche Disziplinierungsmaßnahmen werden hier ins Berufsleben übertragen ("Ich zähl bis Drei"), weibliche Essgewohnheiten analysiert ("Sie liebt à la Carte"), Fremdflirts führen zum Schlafen "Direkt auf'm Sofa", übermäßiger Weingenuss führt zum aggressiven Größenwahn ("Treppenwitz"). Ein paar Streicher für die Romantik, ein Akkordeon für den Chanson und noch eine Batterie Bläser für den besten Freund des Midlife-Mannes - den Scheidungsanwalt.

Da schrieb er "im Keller ein paar Schnulzen", wie er im Finale "Das war doch gerade neulich" singt. Und da sie nicht im Keller geblieben sind, werden sie garantiert auf mancher Upper-Mainstream-Party (Prosecco, Feinkost-Nudelsalat, indirektes Licht) im Sechsfach-CD-Wechsler landen: mit Annett, Ina, Barbara, Yvonne und - nach der vierten Flasche - DJ Ötzi. Dabei ist das Album ehrlich. Welche männlichen Wesen sind anstrengender als kleine Jungs? Große Jungs!

Frank Ramond: "Große Jungs" CD (105 Music); Internet: www.ramond.de