Kunst und Kultur müssen mehr und mehr für alles aufkommen, was Kirche, Staat und Familie an glaubhafter Wertevermittlung eingebüßt haben. Umso wichtiger ist es, immer wieder deutlich zu machen, dass Kultur kein Luxusgut darstellt.

Hamburg. Genau das tat auch Gesa Engelschall, die Leiterin der Hamburgischen Kulturstiftung, als sie gestern einen Vortrag im gut besuchten Übersee-Club hielt. Die Forderung, den Kulturetat zu kürzen, hält sie für "indiskutabel. Kultur ist keine hübsche Dekoration, sie ist Lebensnotwendigkeit." Kunst und Künstler würden ohnehin nur marginal am gesellschaftlichen Wohlstand partizipieren. "Das durchschnittliche Jahresgehalt eines freischaffenden Künstlers betrug 2008 nur 13 000 Euro", sagte sie. Und "20 Prozent aller Gäste reisen wegen des kulturellen Angebots nach Hamburg." 50 000 Menschen besuchen in Hamburg täglich Kultureinrichtungen. Kultur ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Da darf man nicht sparen.

Heißt es nicht, Geschichte wiederholt sich nicht? Und: Alles entwickelt sich weiter? Betrachtet man allerdings die aktuelle Debatte um mögliche Kürzungen im Kulturhaushalt Hamburgs, fühlt man sich um zehn oder gar 20 Jahre zurückversetzt. Damals gab es haargenau dieselben Auseinandersetzungen.

Wieder einmal wird gerechnet, wo im Hamburger Kulturetat, der gerade mal 2,5 Prozent vom Gesamthaushalt ausmacht, weiter gespart werden kann. Natürlich würde es sich dabei eher um einen Akt der Solidarität als um einen Konsolidierungsbeitrag handeln. Schließlich lassen sich mit zehn Millionen Euro, die als Einsparungsvorschlag im Raum stehen, keine Defizite von Hunderten von Millionen Euro decken. 97,5 Prozent des Gesamthaushalts müssten ausreichen, massive Sparleistungen zu erbringen. Verglichen mit den 6,5 Milliarden Euro, die Hamburg der HSH Nordbank als Rettungsschirm bietet, würde selbst die komplette Streichung des Kulturetats - 211 Millionen Euro - nur wie ein schlechter Witz aussehen.

Gerade weil es zu wenig Geld gibt, fördert die Kulturstiftung verstärkt Projekte mit Kindern und Jugendlichen. Insgesamt werden jährlich 50 Projekte mit 550 000-600 000 Euro unterstützt. Die Zuhörer zeigten sich aufgeschlossen für mehr Engagement und stimmten Engelschalls Schlusswort zu: "Wenn wir an Kultur, Bildung und Forschung weiter sparen, dann verlieren wir unser geistiges und kulturelles Kapital."