Ein mächtiger SED-Funktionär, ein Abteilungsleiter im DDR-Innenministerium, der Kommandeur einer Grenzübergangsstelle nach Westberlin, aber auch ein amerikanischer Fernsehjournalist, ein "Bild"-Reporter sowie ein Westberliner Medizinstudent und ein Ostberliner Ehepaar sind die handelnden Personen in dem spannenden Doku-Drama, in dem Marc Brasse und Florian Huber (Buch und Regie) die Ereignisse des 9. Novembers 1989 rekonstruieren. "Schabowskis Zettel - Die Nacht als die Mauer fiel" verbindet dokumentarisches Material mit Spielszenen, die die Chronologie der Ereigniskette nacherlebbar werden lassen.

Dabei geht es einerseits darum, welche Personen durch welche Entscheidungen, Annahmen, Irrtümer und Missverständnisse dafür gesorgt haben, dass dieser 9. November in die Weltgeschichte einging, andererseits aber auch um Menschen, die jene dramatischen Stunden auf besondere Weise erlebt haben: etwa der Westberliner Medizinstudent Benedikt Sedlmaier, der in der Nacht als einer der Ersten vom Westen aus nach Ostberlin gelangte und anschließend gemeinsam mit vielen DDR-Bürgern das Brandenburger Tor stürmte.

Oder die Ostberliner Rita und Richard Bratfisch, die nach der Probe im Kirchenchor aus den "Tagesthemen" erfahren, dass die Mauer offen ist, obwohl das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht stimmt. Sie gehen zur Grenzübergangsstelle Bornholmer Straße, lassen sich nicht abweisen und sind wahrscheinlich die ersten DDR-Bürger, die den Eisernen Vorhang in dieser Nacht überwinden.

Trotz gründlicher Recherche konnten Drehbuchautor und Regisseur freilich nicht alle Ungereimtheiten dieser geschichtsträchtigen Nacht aufklären: Unklar bleibt vor allem, ob ZK-Sekretär Günter Schabowski - wie er auch hier wieder behauptet - den berühmten Zettel tatsächlich zeitweise vergessen hatte oder ob der italienische Journalist Ricardo Ehrmann, der auf der legendären Pressekonferenz mit seiner Frage nach der Reiseregelung das Papier erst ins Spiel brachte, vielleicht doch Teil einer abgesprochenen Inszenierung war. Trotzdem macht "Schabowskis Zettel" auf spannende und oft auch sehr anrührende Weise deutlich, von wie vielen Zufällen, Unwägbarkeiten, Schlampereien und glücklichen Fügungen der friedliche Ausgang dieses 9. Novembers 1989 abhängig gewesen ist.