Literatur, die in Hamburg zu Hause ist: im Hafen und in Blankenese, auf St. Pauli und im Alten Land, in Barmbek und der Speicherstadt - die Vielfalt der Hamburger Quartiere und ihre Geschichten, präsentiert vom Hamburger Abendblatt.

Hamburg. "Sei mir gegrüßt, du große, geheimnisvolle Stadt, die einst in ihrem Schoße mein Liebchen umschlossen hat", dichtete Heinrich Heine über Hamburg, wo er als Kaufmann grandios gescheitert war und sich gleich mehrfach unglücklich verliebt hatte. Ist die Hansestadt ein guter Ort für Literatur? Mit Blick auf das Grab des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) vor der Christianskirche in Ottensen schrieb Heine: "Ich kenne keine Gegend, wo ein toter Dichter so gut begraben liegen kann wie dort. Als lebendiger Dichter dort zu leben ist schon weit schwerer." Trotzdem hat Hamburg im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte zahlreiche Schriftsteller fasziniert und inspiriert. Grund genug für das Hamburger Abendblatt, jetzt eine Buchreihe mit Romanen herauszugeben, die Hamburg zum Schauplatz haben. Ausgewählt und vorgestellt von dem namhaften Literaturkritiker Hellmuth Karasek und der Abendblatt-Kulturredaktion werden ab 5. September die 20 wichtigsten Hamburg-Romane in wöchentlicher Folge erscheinen.

Immer wieder haben berühmte Literaten Hamburg besucht, Jules Verne zum Beispiel, der davon so begeistert war, dass er seinen Roman "Die Reise zum Mittelpunkt der Erde" in Hamburg beginnen lässt: Die Hauptperson ist der Hamburger Professor Otto Lidenbrock, der am Johanneum Geologie lehrt.

Das Johanneum ist auch der Schauplatz von Petra Oelkers spannendem historischen Krimi "Die zerbrochene Uhr", der in der Abendblatt-Bibliothek erscheinen wird. Oelker, die das Hamburg des 18. Jahrhunderts minutiös rekonstruiert und atmosphärisch schildert, macht die Gelehrtenschule zum grausigen Tatort: In einem der Klassenräume findet man einen unbeliebten Lehrer ermordet auf. Bei der Ermittlung wird der Leser durch die Gassen der fast noch mittelalterlichen Stadt geführt, in denen auch historische Personen wie Carl Philipp Emanuel Bach auftauchen.

Vor allem seit sich Hamburg im 19. Jahrhundert zur Metropole entwickelte, wurde die Hafenstadt immer öfter zum literarischen Schauplatz. Während Heinrich Heine noch die biedermeierliche Beschaulichkeit einer sich zwischen Elbe und Alster zwar mehr und mehr ausbreitenden, aber immer noch überschaubaren Stadt beschreiben konnte, begann nach dem Großen Brand von 1842 die Entwicklung zur Großstadt. Es sind die verschiedenen, oft gegensätzlichen sozialen Milieus, die Schriftsteller an Hamburg stets fasziniert haben: die Hafenspelunken und die Villen von Blankenese, die Speicherstadt und die Kontorhäuser, die gründerzeitlichen Mietshäuser von Barmbek und die Stadtpalais an der Binnenalster - ein enormer Reichtum an Schauplätzen.

Tatort Steinstraße: 1929 wird der Juwelier Herbert Wempe Opfer eines spektakulären Einbruchs, bei dem die Diebe Uhren im Wert von 30 000 Mark erbeuten. Statt die Polizei einzuschalten, bietet er per Zeitungsanzeige den "verehrten Herren Einbrechern" einen Deal an, auf den diese auch eingehen, später aber trotzdem geschnappt werden. Hans Fallada ließ sich durch diesen spektakulären Kriminalfall zu seinem sozialkritischen Hamburg-Roman "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst" anregen.

Für die jüdisch-italienische Musikerfamilie Bertini geht es ums nackte Überleben. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten werden sie mehr und mehr diskriminiert und schließlich mit dem Tode bedroht. So bleibt nur der Weg ins Versteck; Ralph Giordano hat in seinem bewegenden Roman "Die Bertinis", der vor allem in Barmbek spielt, seine eigene Überlebensgeschichte erzählt.

Vom Arbeiterbezirk zum Hafen: Hier ist der wichtigste Schauplatz des Romans "Der Mann im Strom" von Siegfried Lenz. 1957 hat der bedeutendste lebende Hamburger Autor diese Geschichte veröffentlicht, in der es um die enttäuschende Erfahrung eines Mannes in der Nachkriegszeit geht: Ein Taucher träumt davon, die Wracks des Krieges zu beseitigen, Platz zu schaffen für einen Neuanfang, wird aber ausgemustert, verliert seine Arbeit.

Wo sich heute das noble Marriott-Hotel und schicke Boutiquen und Geschäfte befinden, gab es früher schäbige Läden, verrauchte Kneipen und Bordelle. Hierhin, zur längst nicht mehr existierenden Kneipe Die Palette am Gänsemarkt, führt uns Hubert Fichtes gleichnamiger Roman - eine Hommage an das wilde Leben der Beatniks und Dichter, Huren und Lebenskünstler der 60er-Jahre.

Dass Heinrich Heines "große, geheimnisvolle Stadt" noch viel mehr Literatur zu bieten hat, zeigt die Hamburg-Bibliothek des Abendblatts, die morgen startet. Es lohnt sich, Hamburgs literarische Seiten zu erkunden, Seite für Seite, Roman für Roman.

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