In neun von zehn Popsongs geht es um Liebe - gefundene, verlorene, erfüllte, unerfüllte.

Hamburg. "Ich habe es in acht Platten gerade mal auf ein Liebeslied gebracht", rechnet Mari Boine, Schamanensängerin mit Pop- und Jazzappeal aus dem Samiland im nördlichsten Norden Europas, bei ihrem Konzert in der Fabrik vor.

Erotische Verwirrungen und verzehrende Sehnsucht sind tatsächlich nicht ihr Thema - die Liebe der Menschen untereinander und zur Schöpfung dafür um so mehr. In ihren Ansagen erzählt sie ein bisschen davon, vor allem aber hört man es am Klang ihrer Stimme. Das muss auch genügen, denn sie singt in einer Sprache, die kaum einer kennt.

Wenn sich Mari Boine ihr rotes Tuch um die Schultern legt, seine Enden in die Hände nimmt und ausbreitet wie Vogelschwingen, dann wird sie zur Mittlerin zwischen Welten und Zeiten. Dann scheint sie die Ahnen herbeizurufen, die Naturgeister, das Wissen der Winde und die Totemkräfte der Tiere. Dann durchmisst ihr Gesang alle Sphären - von den raunenden Tiefen großmütterlicher Weissagung über die Tröstung der Mutter bis hinauf zum meckernd-scharfen Geschrei der Adlerfrau.

Eine vierköpfige Band unterstützte diese große Stimme der Welt auf Gitarre, Trompete, Bass und Schlagzeug mit einer dichten, hypnotischen Musik, die zum Tanz selbst da noch reizt, wo sie im Fünfvierteltakt pulsiert.