Die eindringlichsten Szenen in diesem Fernsehspiel über den frühen und den späten Helmut Kohl sind jene, in denen sich die inneren Monologe abspielen.

In denen ein Mann sich Mut macht, in denen er seinen Instinkt befragt, was richtig ist, was falsch. Und was womöglich nur schlicht notwendig ist, wenn die deutsche Einheit mit Riesenschritten kommt und der Mantel der Geschichte im Wind des Wandels weht. "Am Ende ist man immer allein", heißt es da, oder "Es ist wie im Aquarium: Fressen oder gefressen werden".

Macht, das zeigt Thomas Schadts Film "Der Mann aus der Pfalz" exemplarisch, ist weniger eine Frage des Könnens als eine des Wollens. Helmut Kohl konnte aus dem Bauch heraus Kanzler - und er wollte nie etwas anderes. Doch für eine umfassende und vor allem umfassender kritische Würdigung von Leben und Werk des Altbundeskanzlers sind 90 Minuten viel zu kurz. Dazu kommt, dass die Macher des Films womöglich von einer Beißhemmung beeinflusst waren, sich mit mehr als nur zwei Lebensabschnitten Kohls auseinanderzusetzen. Spendenaffäre und Abgang, um nur zwei umstrittene Aspekte zu nennen, fehlen. Die Götterdämmerung findet in diesen anderthalb Stunden nicht statt.

Dafür aber ein doppeltes Schauspieler-Fest: Thomas Thiemes Darstellung des Wiedervereinigungs-Kanzlers ist deswegen so großartig, weil sie so leise daherkommt. Er zwingt zum genauen Hinsehen, Kamera und Regie lassen ihm diese Zeit. Und auch der noch frische, zielstrebig nassforsche Nachkriegs-Kohl ist mit Stephan Grossmann erstklassig besetzt. Alle anderen Figuren der deutschen Zeitgeschichte, die hier nur Staffage sind, verblassen dagegen. Wie Kohl seine Parteifreunde ins Leere putschen lässt und sich selbst mit Schokolade dafür belohnt, das ist ganz großes Theater auf ganz kleinem Raum.