Götter sind auch nur Menschen. Und nicht eben die moralischsten, wie Heinrich von Kleists Lustspiel “Amphitryon“ in der Inszenierung des Wiener Burgtheaterdirektors Matthias Hartmann deutlich aufzeigt.

Hamburg. Genau genommen ist das Stück, das nun am Wochenende zweimal beim Hamburger Theaterfestival am Schauspielhaus gastierte, die Inszenierung des Zürcher Schauspieldirektors Matthias Hartmann, den jedoch die Karriere mittlerweile nach Wien geführt hat - mitsamt seinem fabelhaft besetzten Zürcher "Amphitryon" von 2006.

Dass Identitätenwechsel auch in diesem Stück eine zentrale Rolle spielen, ist somit eine amüsante Fußnote - für den Hamburger Zuschauer aber zählt beim "Burgtheater-Gastspiel" weniger der Heimathafen als vielmehr die Qualität. Und hier gebührt dem Festivalinitiator Nikolaus Besch Anerkennung für seine exzellente Auswahl.

Hartmanns "Amphitryon" ist kunstvoll im genauen Wortsinn, schnörkellos, konzentriert und sehr präzise. Das Stück bleibt, was es ist: Die Geschichte eines erschlichenen Ehebruchs durch einen geckenhaften Gott in Menschengestalt. Kein Ideen-Reigen, keine Neuerfindung des Theaters - und trotzdem auch kein bisschen verstaubt.

Als Zuschauer taucht man ein in die Sprache, ist ergriffen vom genauen, hoch emotionalen, unkitschigen Spiel der Darsteller. Jedes Handzucken stimmt, jeder Ton sitzt. Dörte Lyssewski schmachtet, gurrt und leidet als Alkmene, ihr Busen bebt im Spitzenkleid. Michael Maertens in der Titelrolle rast vor Eifersucht, Roland Koch als Jupiter süßholzraspelt, was die Engelszungen hergeben ("Auch der Olymp ist öde ohne Liebe") und Oliver Masucci ist ein diabolisch grinsender Merkur, der dem armen Amphitryon-Diener Sosias (Fabian Krüger) mit der Plastikflasche sein Ich austreibt.

Ein kleines "a", das bescheiden am hellen Bühnenhalbrund leuchtet, ist edles Understatement an einem beglückenden Theaterabend.