Kein ausladender Shakespeare-Pomp, kein großer Zinnober, keine (wie vom Autor einst vorgesehen) zwei Dutzend Schauspieler. Regisseurin Barbara Frey begnügt sich für ihren “Sturm“ - eine Wiener Inszenierung von 2007, die jetzt auf dem Hamburger Theaterfestival am Thalia gastierte - mit genau drei Darstellern.

Hamburg. Dazu zwei Tische, ein paar Stühle, ein Leseproben-Setting, nicht viel mehr. Nicht viel mehr? O doch. Sehr viel mehr. Denn Frey ist nicht etwa dem allgemeinen Sparzwang unterlegen, sie fordert bewusst Fantasie. Sie lässt die Sättigungsbeilagen weg und liefert eine geschmacksintensive Reduktion: ein spielfreudiges Trio, die Konzentration auf eine wundervolle Sprache, das alte Spiel des Theaters auf dem Theater. Was nicht gezeigt wird, wird kurzerhand erzählt, skizziert, als Zitat dazu hin und wieder ein kräftiges Bühnendonnern.

Ist Johann Adam Oest im Brokatmantel, dem der Fundus-Mief aus den Fasern zu kriechen scheint, nun Prospero, der Zauberer auf seinem Eiland? Oder doch ein irritierter Schauspieler, der den Prospero geben soll, aber ohne Insel-Kulisse auskommen muss? Kollege kommt schon: Joachim Meyerhoff gibt den Luftgeist Ariel als bebrillten Jerry-Lewis-Zappler, der per Rutschstange aus den Schnürboden-Lüften auf die Bühne saust (und unter Applaus auch wieder hinaufklettert). Maria Happel schließlich ist das Monster Caliban, ein glatzköpfig molliger Wurm mit verschlagen kerliger Lache. Der eigentliche Clou aber sind die Verwandlungen dieser drei. Nichts als einen Kranz auf dem kahlen Kopf und große Augen braucht die fantastische Happel, um zur entzückend naiven Prospero-Tochter Miranda zu werden, nur eine Blondhaarperücke weiter ist Meyerhoff auch schon ihr ungelenker Faschingsprinz, ein schräges Pärchen. Ihre Annäherung gehört zu den anarchischsten Momenten des Abends und entschädigt für manch arge Albernheit der Inszenierung, mit der es wohl jener schwerer haben dürfte, dem Shakespeares Inselabenteuer so gar nicht vertraut ist.

Was für ein Orkan dieser "Sturm" sein könnte, wenn Barbara Frey den ganzen Zinnober am Ende doch noch ausgepackt hätte?

Eben genau darin liegt der Reiz: Die Möglichkeit, die man im Abgang schmeckt und die gerade als Ahnung so aufregend bleibt.

Das Theaterfestival geht Sonnabend und Sonntag (jew. 20 Uhr) weiter: mit "Amphitryon" vom Wiener Burgtheater. www.hamburgertheaterfestival.de