Von einem Dichter und den “Desperate Housewives“: Hellmuth Karasek, Schriftsteller und Literaturkritiker, hat Nobelpreisträger Grass beobachtet.

Wer etwas über "vergiftete Komplimente" lernen will, braucht sich nur eine Folge der Fernsehserie "Desperate Housewives" anzusehen. Da werden von im Wohlstand frustrierten Hausfrauen mit gefrorenem Lächeln Bosheiten ausgetauscht, die sich zuckersüß tarnen, aber gallenbitter und ätzend gemeint sind.

Neid, Konkurrenzkampf und Bosheit sind die Antriebe solcher hinter Blumen versteckten Giftspritzen, etwa der Art, bei der die eine Freundin zu ihrer besten Intimfeindin beim Schulball ihrer Tochter sagt: "Mein Gott, hast du ein tolles Kleid an! Es hat mir schon vor zehn Jahren gut an dir gefallen!" Oder: "Ich mag deinen Mann, wenn er neben meiner Schwester sitzt! Dann lässt er die Finger wenigstens von meinen Schenkeln."

Offenbar sind auch Nobelpreisträger "Desperate Housewives", alternde Diven, die an ihren jüngeren Konkurrenten herumsägen, während sie ihnen, scheinbar, schmeicheln. Günter Grass, zum Beispiel, als ihn das ZDF, von Nobelpreisträger zu Nobelpreisträgerin, zur Auszeichnung von Herta Müller befragte: "Oh, das ist schön für sie!" Für sie! Nicht für ihn, und erst recht nicht für uns alle. Und dann: "Sie ist eine sehr gute Schriftstellerin!" Punkt. Pause. Er hätte sich allerdings Amos Oz gewünscht! Noch mal Pause: "Aber die Jury hat so entschieden." Pause: "Und die werden Gründe gehabt haben."

Das ist nicht der gute Onkel der Literatur, Danziger Großväterchen Grass, der gerade in selbstlosem Patriotismus für die SPD eine Lanze gebrochen hat. Nein, das ist der gute alte Neidhammel und Stinkstiefel und Wadenbeißer aller Konkurrenten. Ganz wie die gekränkte Vorstadtschöne, der die jüngere Nachbarin den Liebsten weggeschnappt hat, sagt: "Dass Karl seit zehn Jahren mit dir lebt, ist mir ein ewiges Rätsel. Er wird schon seine Gründe haben!"

Die "FAZ" ist dem Revanche-Foul der alternden Nobel-Diva Grass auf die Schliche gekommen. Herta Müller habe den Waffen-SS-Beitritt ihres damals 17-jährigen Vaters rigoros kritisiert. "Mit 17 ist man erwachsen." Das war just in dem Jahr, als Grass seinen Beitritt zur Waffen-SS mit 17 gestand. Allerdings erst sehr verspätet, Jahre nach dem Nobelpreis. Er wird schon seine Gründe gehabt haben!