Herzig geht es zu im Schmidt-Theater. Premierenbesucher stecken sich am Eingang Sticker mit Aufschriften wie “Verschmust, tierlieb, dominant“ ans Revers.

Hamburg. Die Stimmung für die Uraufführung von "Schmidt in Love", Untertitel "Alter und Aussehen egal - Eine Revue mit Liebe", hat schon vor dem Saal erhöhte Temperatur. Wer hier erwartet - oder befürchtet -, mit den üblichen Schlafzimmer-Kalauern gepeinigt zu werden, staunt.

Diese Kiez-Wohngemeinschaft ist auf so liebenswerte Weise durchgeknallt, dass man ihren immer schneller rotierenden Lebens- und Liebeswirren mit breitem Grinsen folgen muss. Die Beziehung von Juliane (Susi Banzhaf) und Reiner (Mario Saccoccio) kriselt in gepflegter Langeweile am Frühstückstisch. WG-Girlie, Gogo-Tänzerin und Schlangenbesitzerin Sandy (Elena Zvirbulis) bietet der braven Juliane Hilfestellungen in Sachen Styling, worauf die sich in eine Proll-Tussi à la Anke Engelke auf dem Popsofa verwandelt und mit Slang-Ausbrüchen wie "String-Tangas sind echt für'n Arsch" für Brüller sorgt.

Der munteren Sandy gebricht es zwar an den grammatikalischen Feinheiten der deutschen Sprache, das tut der Annäherung an WG-Neuzugang Lukas (William Danne), Muttersöhnchen und Tierliebhaber, bei der gemeinsamen Hasenjagd aber keinen Abbruch. Ihr neues Selbstbewusstsein lebt Juliane in einer Liebe für feurige Südländer aus und wagt einen folgenreichen Anruf bei einer Gigolo-Agentur. Szenenwechsel garniert das Quartett mit herzhaften Pop-Schlagern wie "Close To You" oder "I Need A Hero", mitreißend geschmettert und an den Tasten mit Verve unterstützt vom musikalischen Leiter Markus Schell.

Als Sandys vereister Kühlschrank klemmt, rottet sich die WG voller Anteilnahme zusammen, um sie mit "Abtaun' Girl!", im Original von Billy Joel, zu Taten zu animieren. Es sind viele kleine Ideen, die diesen Abend aus dem Einerlei abgestandener Revueklischees herausheben. Ohne Scheu wird da munter die eigene Niveaulosigkeit ironisiert. Ähnlich wie schon in der "Pension Schmidt"-Reihe hat die junge Darstellerschar mit Regisseur Joseph Vicaire gemeinsam Szenen entwickelt und mit anarchischem Offtheater-Charme versehen. Nicht immer schlagen hier die Flammen der Liebe hoch, die des Humors aber gewiss.

Schmidt In Love Termine 8., 13. bis 15., 26./27.10., 3. bis 5.11., Mo/Di, Do 20 Uhr, Mi 18 Uhr, Karten: T. 31 77 88 99