Mit einer global angelegten Medien-offensive versucht China, internationale Meinungsmacht zu gewinnen.

Peking. Pekinger Auslandskorrespondenten bekamen die neue Ausgabe von "Qiushi", der "Suche nach der Wahrheit", wie die Monatszeitschrift der Kommunistischen Partei Chinas heißt, per Post zugestellt. Besonders daran war, dass es die erste Ausgabe im Hochglanzformat mit Farbbildern und in Englisch ist. Die Premiere für das Theoriemagazin des Zentralkomitees für den Auslandsgebrauch wirkte wie mediale Begleitmusik für eine von Chinas Führung von langer Hand geplante kulturpolitische Offensive.

Unter dem neuen Modewort "Softpower" will sie ihrer Stimme im Ausland Gehör verschaffen und Einfluss auf die öffentliche Meinung zugunsten Chinas nehmen, dort, wo Peking bisher zu wenig zu sagen hatte: im Verlagswesen, bei Medien oder im Kulturbetrieb.

Am Dienstag setzt Peking dafür nun zum großen Sprung auf eine neue Plattform an. Dann wird sich die Volksrepublik, ein Staat mit umfassender Zensur, Internetblockaden und der höchsten Zahl inhaftierter Autoren und Journalisten unter allen Großmächten der Welt, als Gastland auf der Frankfurter Buchmesse vorstellen. Chinas Vizestaatspräsident Xi Jinping eröffnet mit Kanzlerin Angela Merkel den fünftägigen Buchmessen-Auftritt seines Landes und wird für Vertrauen in sein Land werben.

Auch in der Medienpolitik wurde Pekings Führung rührig. Am Wochenende, als die (englische) "Suche nach der Wahrheit" erschien, eröffnete Staatschef Hu Jintao den von China ins Leben gerufenen "Welt-Medien-Gipfel" in der Großen Halle des Volkes. Hu forderte die illustren Gäste von 135 internationalen Medienorganisationen - unter ihnen Medienführer wie Rupert Murdoch, Robert Thomson vom "Wall Street Journal" oder ein Dutzend Agenturchefs von AP, Reuters bis Kyodo und BBC - auf, gemeinsam mit China eine "harmonische Welt" mit "fairer Berichterstattung" zu schaffen. Sie sollten sich "politisch respektieren, einander vertrauen, den anderen als ebenbürtig behandeln" sowie, "ungeachtet aller kulturellen Unterschiede nach Gemeinsamkeiten streben." Die Nachrichtenagentur Xinhua hatte den Medien-Gipfel schon während der Olympischen Spiele 2008 eingefädelt, als sie Chefredakteure aus aller Welt als Gäste einlud und ihnen den Vorschlag unterbreitete, Kosponsoren des Medientreffens zu werden. Pekings Kalkül: Es hofft, daraus einen ständigen international tagenden neuen Medien-Gipfel zu schaffen.

Die neue Strategie, mit einer Vielzahl kultureller und medialer "Go-Global"-Initiativen die Weltmeinung auf die neue globale Führungsrolle Chinas positiv einzustimmen, haben höchste Parteigremien gebilligt. Vorhut wurden die seit 2004 initiierten Konfuzius-Institute, die Sprache und Kultur Chinas vermitteln und die von Peking Anschubfinanzierung, Lektoren und Lehrbücher erhalten. Bis Mitte 2009 wurden 256 Konfuzius-Institute in 81 Ländern gegründet, eines davon auch in Hamburg. Für Kulturinstitute, Medienprojekte, für die Gründung neuer englischsprachiger Zeitungen wie der "Global Times" und rund um die Uhr sendende, englischsprachige TV-Nachrichtenkanäle oder zur Ausweitung der Korrespondentennetze stellte der Staatsrat nach Berichten der Hongkonger "South China Morning Post" etwa 4,5 Milliarden Euro bereit.

So einfach, wie es Pekings Diplomatie heute hat, wenn sie Chinas Interessen in Fragen der Souveränität, bei Handelsstreitigkeiten, bei der Energie- und Rohstoffversorgung international erfolgreich vertreten will, geht es aber bei der Kultur, bei Medien oder Verlagen nicht zu. Schon der Auftakt zur Frankfurter Buchmesse geriet daher für China zum Fiasko. Auch die Pläne aus dem einmaligen Welt-Medien-Gipfel eine ständige Einrichtung zu machen, wo China mit an Bord ist, wurden erst einmal vertagt Vielleicht war auch ein Eigentor Pekings daran schuld. Ausgerechnet in der ersten Ausgabe der in Englisch erscheinenden Parteizeitschrift "Qiushi" verriet ein Grundsatzartikel, was die Partei von den westlichen Nachrichtenagenturen wirklich hält, die sie gerade so herzlich zum Medien-Gipfel einlud. Deren Vorherrschaft und Monopol in der internationalen Medienordnung müssten zugunsten von Ländern wie China gebrochen werden, damit der Westen mit "seinen Vorurteilen" nicht mehr die Weltmeinung gegen China manipulieren kann.