Es war in der siebten Minute, als der erste Slip auf die Bühne flog. Rot und elastisch. Tom Jones nahm das Teil routiniert freudig entgegen, formte einen Kuss mit den Lippen, während er “Give A Little Love“ von seinem aktuellen Album sang und die Slipwerferin zufrieden und mit verknalltem Blick im Takt der Musik zurück auf ihren Platz tänzelte.

Hamburg. Wie gut würde eine 69 Jahre alte Sexbombe noch singen können? Das voll besetzte CCH erlebte einen Tom Jones in Hochform. In Lederjackett, rotem Seidenhemd und grauer Hose bewegte sich der seit 52 Jahren verheiratete Ladykiller in Tigermanier über sein Bühnenrevier, begleitet wurde er dabei von acht Musikern und zwei besonders hübschen Backgroundsängerinnen in 80er-Jahre-Cocktailkleidern. Zu Hit Nummer drei "Delilah" wurde geschunkelt, zu "Never Fall In Love" gingen die Feuerzeuge an. Bei diesem Lied zeigte sich, dass Jones' Stimme nichts verloren hat. Drei Oktaven kann sie überbrücken. Samtig in der mittleren Lage, druckvoll in der Tiefe und ein bisschen verrückt in der Höhe. Manchmal ertönt der Jones-Schrei zur Ankündigung von etwas Wildem wie dem Joe-Cocker-Klassiker "You Can Leave Your Hat On" (dabei zog er seine Lederjacke aus, begleitet von einem smarten Grinsen), dann sieht man, dass die Nummer immer noch späte Blüten-Mädchen-Träume auslöst. Als er auch noch für einen kurzen Moment sein durchgeschwitztes Hemd lüftete und tat, als ob er seine Hose öffnen würde, wurde geschrien.

Ähnlich Zustände übermannten das Publikum in der Mehrzweckhalle bei Jones' All-time-favourite "What's New Pussycat?" Die Cats im Publikum antworteten mit fast euphorischem Jubel und Applaus. Nach ein paar Akustik-Country-Nummern, die zwar nicht schlecht und seiner Heimat Wales gewidmet waren, ging es zu den hoffnungsvoll erwarteten Großnummern "It's Not Unusual", "Kiss" von Prince und dem vom Hannoveraner Produzenten Mousse T. für ihn geschriebenen "Sex Bomb". Viel Testosteron war da auf der Bühne, wenn auch in einem gealterten Körper.

Den Hüftschwung präsentiert Jones inzwischen mit einem Augenzwinkern. Am Schluss stand das Publikum, tanzte und sang mit. Auch Mousse T., der Jones Backstage getroffen hatte. Ob die beiden noch einmal so etwas wie "Sex Bomb" hinbekommen? "Der Anspruch ist natürlich da", sagte Mousse T., der bereits an einem neuen Hit für Jones bastelt. Obwohl es darin nur subtiler um das Thema Sex gehen wird, "soll es vom Feeling was Ähnliches werden". Na, also. Die Bombe wird auch in Zukunft den Hut aufbehalten können.