Ulrich Wallers Inszenierung erzählt in Monologen vom schwierigen Prozess der Vereinigung zwischen Ost und West.

"Wartesaal Deutschland StimmenReich" nannte Klaus Pohl seine Collage aus Monologen, in denen Bürger aus den alten und neuen Bundesländern zu Wort kommen. 1994 reiste der Dramatiker für eine "Spiegel"-Reportage durch das wiedervereinigte Deutschland und zeichnete in Interviews die Einschätzung, Stimmung und Situation von Leuten aller Altersstufen und Berufsgruppen auf. Sie sprachen frisch von der Leber weg über ihre Lage und die der Nation und gaben fünf Jahre nach dem Mauerfall einen ungefilterten Eindruck und ihre Meinungen wieder.

Wie sieht es nun 20 Jahre nach dem Ende der DDR aus? Sind auch die Mauern in den Köpfen gefallen? Regisseur Ulrich Waller nimmt sich in seiner Inszenierung zum Mauerfall-Jubiläum nochmals Pohls Montage am St.-Pauli-Theater vor: Um sie mit dem Wissen von heute zu überprüfen und zu fragen: Wie viel oder wie wenig hat sich verändert bei denen, die dieses historische Ereignis miterlebt haben? Wie viel oder wie wenig ist Deutschland Heimat geworden für die Deutschen im Osten? Waller ergänzt die Texte durch eigene Recherchen. Auf Reisen durch die ehemalige DDR hat er die TV-Reportagen "Der geile Osten" (1990) und "Der unerwartete Osten" (1994) gedreht. Er entwirft mit Anja Boche, Verena Reichardt, Anne Weber, Erik Schäffler und George Meyer-Groll komödiantische, aber auch kritische Porträtskizzen, wobei auch mal die Frauen in Männerrollen schlüpfen. Volkes Stimme ist zu hören und bringt die Widersprüche ins Bewusstsein, wie sie Martina W. aus Ostberlin auf den Punkt bringt: "Das Problem ist, dass die DDR-Bevölkerung noch existiert - das ist ja das Irre -, die sind emigriert, ohne auszuwandern."

Wartesaal Deutschland heute, 20 Uhr, St.-Pauli-Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz, Karten zu 19,90 bis 29,90, T. 47 11 06 66 oder über Internet www.st-pauli-theater.de