“Mich gibt es wirklich“, sagte Preisträgerin Silke Zertz in Anspielung auf die Ex-Fernsehspielchefin Heinze.

Köln. Fast wäre sie zu spät gekommen. Fünf Minuten bevor am Sonnabend die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises im Kölner Colosseum begann, schritt Senta Berger über den roten Teppich, dicht gefolgt von den beiden "Germany's Next Topmodels" Lena Gercke und Sara Nuru. Die Grande Dame des deutschen Fernsehens, (Noch-)Präsidentin der deutschen Filmakademie und (spätere) strahlende Siegerin lächelte in die Kameras und erklärte, wie sehr sie sich auf den Abend freue; die Nachwuchsmodels strichen ihre Kleider glatt und sagten, dass auch sie sich ganz doll freuten.

Es war ein schönes Bild, das sich hier bot und vielleicht deutlich macht, wofür der Fernsehpreis seit nunmehr elf Jahren steht: für das Nebeneinander von E- und U-Kultur, von Anspruch und Seichtheit. Traditionsschauspieler treffen auf gecastete Starlets - und das Schöne ist: Für beide ist Platz. Das, was Marcel Reich-Ranicki im vergangenen Jahr empört als "Blödsinn" bezeichnet hatte, ist hier, anders als beim elitären Grimme-Preis, nicht Pfui-Bäh, sondern im besten Falle preiswürdig.

So gesehen war Alfred Biolek auch der ideale Ehrenpreisträger. "Verehrter Marcel Reich-Ranicki, ich bitte um Verständnis, aber ich nehme den Preis an", sagte der 75 Jahre alte Moderator, der eben nicht nur für einfühlsamen Talk, sondern auch fürs Kochlöffelschwingen und sein "Hhm, lecker"-Geschmatze berühmt ist. Fast wirkte auch der Preis für Senta Berger als Beste Schauspielerin für "Schlaflos" wie eine Auszeichnung fürs Lebenswerk - erst recht, als Berger in ihrer Dankesrede erzählte, dass sie den Beruf ausübe, seit sie 16 Jahre alt ist, "den immer noch schönsten Beruf der Welt".

Zwei Schatten schwebten über dem Abend: der des Kritikerpapstes Reich-Ranicki und der Drehbuchfälscherin und doppelt gekündigten NDR-Fernsehspielchefin Doris J. Heinze. "Mich gibt es wirklich", sagte Autorin Silke Zertz, als sie den Preis für das beste Drehbuch entgegennahm. Produzent Nico Hofmann, dessen Drama "Mogadischu" als bester Film siegte, hielt ein Plädoyer auf das gescholtene öffentlich-rechtliche Fernsehen und seine engagierten Repräsentanten.

"Tatort"-Kommissar Axel Milberg unterlag zum Bedauern vieler Anwesenden als Bester Schauspieler seinem Kollegen Josef Hader; eigentlich sei Milberg "dran gewesen", hörte man auf der Abschlussparty häufig. Ex-ZDF-Mann Johannes B. Kerner überreichte seinem ehemaligen Haussender gleich zwei Preise: für die Übertragung der Leichtathletik-WM als beste Sportsendung sowie für die beste Reportage, Claus Klebers "Die Bombe". Kerners neuer Arbeitgeber Sat.1 durfte immerhin den Preis für den besten Mehrteiler entgegennehmen. Gerechtigkeit muss schließlich sein, auch dafür steht die aus Öffentlich-Rechtlichen und Privaten gebildete Große Koalition, die den Fernsehpreis alljährlich ausrichtet.

Politiker (mit Ausnahme von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers) und Showgrößen wie Günther Jauch, Harald Schmidt und Stefan Raab schwänzten die insgesamt gelungene Veranstaltung, deren zeitversetzte Ausstrahlung auf Sat.1 nur 1,34 Millionen Zuschauer fand. Kurzweilig nahm sich die Moderation von Anke Engelke und Bastian Pastewka als volkstümliches Duo aus: keine Hänger, intelligent-komische Seitenhiebe, die saßen, aber keinem wehtaten. Und auch die Preisträger bedankten sich ungewohnt flüssig und charmant. Die für die beste Nebenrolle ausgezeichnete Anna Fischer ("Die Rebellin") machte Witze, dass niemand sie erkannt hatte auf dem roten Teppich. Vielleicht, weil alle so beschäftigt damit waren, das Dekolleté von ProSieben-Moderatorin Sonya Kraus zu fotografieren. Auch das gehört zum Deutschen Fernsehpreis.