Erik Gedeons musikalische Saga über den Ikea-Gründer Ingvar Kamprad feierte Premiere. Das Passionsspiel huldigt ironisch dem “Möbel-Messias“ als Erlöser in der Krise.

Hamburg. Die Broker lassen die Köpfe hängen. Die Kurse fallen. Da erinnern sich die Banker an einen der größten Geschäftemacher aller Zeiten: den Ikea-Gründer Ingvar Kamprad. Eine Erlöser-Figur in der Krise. Erik Gedeon und Klas Abrahamsson erzählen in "Das Wunder von Schweden" die Passion vom Leiden und Erfolg des "Möbel-Messias". Bei der musikalischen Travestie eines Bach-Oratoriums im Schauspielhaus gelingt ihnen ein spöttischer Abgesang auf den Kapitalismus, den Segen von Gewinn und Zins. Das Publikum reagierte jedoch gespalten. Ein Teil wollte sich wohl "seinen Bach" nicht parodistisch vermiesen lassen. Die meisten aber hatten Spaß und feierten die Akteure: Unerschrocken trugen sie die Last von Lampenschirm, Polstersessel und Hängeschrank, meisterten Arien, Rezitative und Jubelchoräle.

Im Chor der Zocker wird der kleine Ingvar geboren. "Wir hoffen, du bringst uns Gewinn", jubilieren die armen Eltern. Ähnlich dem Evangelisten in den Passionen berichten die Spieler - begleitet von der exzellenten Geigerin Jana Mishenina und Loeffler am Harmonium - die Stationen von Kamprads Aufstieg. Als Kind verkaufte er schon Streichhölzer und mit 17 Jahren gründete er seine erste Firma. Andreas Grötzinger gibt blond und schön durchschnittlich den "Schweden-Jesus". Ihm folgen die Jünger und stimmen ein in seinen Jubel: "Am billigsten, am billigsten am Billy- Billy- Billygsten."

Doch dreimal wie der Heiland fällt Ingvar unter der Kreuzeslast seiner Karriere: "Mein Kapitalismus, du hast mich verlassen." Der Chor der sechs Ikea-Jünger tröstet, aber verspottet ihn auch. Unter ihnen der ungläubige Thomas (Tim Grobe): Er verrät Ingvars als faschistisch gedeutetes Fraternisieren und seine Luxusvillen im Ausland. Kreuzigung am Maibaum in der Mitsommernacht. Doch das "Martyrium" lässt die Broker auf eine "wunderbare Zukunft" im ewigen Kapitalismus-Kreislauf hoffen.

Zwar ist der Verlauf einer Passion bekannt, doch sorgen pointierter Text, musikalische Einfälle und Inszenierung für Witz und Überraschungen. Zur Schweden-Hymne ("Ja, wir sind Schweden") tragen die Spieler nicht nur die Möbel, auch Elchkopf, rote Pippi-Langstrumpf-Zöpfe oder die blonde Mähne von Björn Ulvaeus. Doch kein "Abba"-Hit erklingt. Gedeon sei Dank. Er hat sich vom Pop-Hit-Potpourri zum Mitklatschen verabschiedet, mischt in den Passions-Zitaten süße Melodien, schwungvolles Volkslied, bittere Ironie und ätzenden Hohn auf die Glaubenslehre vom "demokratischen Kapitalismus".

Das Wunder von Schweden 26.9., 8./27.10., 20 Uhr, Schauspielhaus, Karten: T. 24 87 13.