Bisweilen landet sie in der Rubrik “Sonderbar“. Ein Gespräch mit der Entertainerin über Klischees und Männer mit Goofy-Hausschuhen.

Hamburg. Als vor zwei Jahren ihre erste CD, "Jetzt singt sie auch noch", erschien, war der Titel eine Reminiszenz an Barbara Schönebergers Omnipräsenz: Sie schauspielert, synchronisiert, moderiert, ist Gast und Gastgeberin in zahllosen TV-Sendungen. Mit den Liedern der CD ging sie dann auf Deutschland-Tournee in 30 Städten.

Jetzt erscheint Schönebergers zweite CD, "Nochmal, nur anders", mit schnellen Stücken im 70er-Jahre-Disco-Sound und Texten, die wiederum an viele Klischees erinnern sollen, die es über die "witzige, dralle Blondine", den "einzigen noch tätigen deutschen Vulkan" oder die Frau, "die nie aufhört zu sprechen", gibt. Und die über ihre Karriere schon mal gesagt hat: "Die Haarfarbe war nie entscheidend. Entscheidend waren die Brüste."

Wir sprachen mit Barbara Schöneberger über Peinlichkeiten, Männer und Frauen und was sie von Hobbys hält.

Hamburger Abendblatt: Sie galten lange als idealer Talkshow-Gast, nicht unbedingt als Talk-Moderatorin. Wie erklären Sie sich das?

Barbara Schöneberger: Vielleicht weil ich viel rede. Wer mich fragt, bekommt immer Antworten.

Abendblatt: Als Gastgeberin der NDR-Talkshow können Sie ja kaum ähnlich 'die Sau rauslassen' wie als Gast.

Schöneberger: Ich habe mich geändert, will gar nicht mehr die Sau rauslassen. Das war früher. Jetzt bin ich 35 und möchte in Würde altern. Die NDR-Talkshow war für mich der ideale Richtungswechsel ins seriöse Fach. Ich möchte immer noch lustig sein. Aber ich möchte nicht mehr, dass lustig draufsteht.

Abendblatt: Sie haben selbst Marcel Reich-Ranicki als Gast redetechnisch geschafft.

Schöneberger: Da saß ein schlecht gelaunter alter Mann. Als er noch nicht dran war, hat er ständig gerufen: 'Mir ist langweilig, diese Sendung ist zu lang.' Er war in Kampfeslaune und wollte dann nur über Geschlechtsverkehr sprechen. Geschlechtsverkehr in der Hochkultur natürlich. Bei Richard Wagner. Mein Vater war Solo-Klarinettist an der Münchner Staatsoper. Ich war also gut vorbereitet. Das wusste Reich-Ranicki aber nicht. Es war sehr lustig.

Abendblatt: Haben Sie Charlotte Roche in ihrer ersten Talkshow-Moderation gesehen?

Schöneberger: Ja. Das war doch klasse. Haben die Leute ernsthaft erwartet, dass sie sich auf einen Tisch stellt und pinkelt?

Abendblatt: Strengt es Sie nicht an, immer als tolle Diva auftreten zu müssen? Wie oft können Sie in so einem Kleid kaum atmen, drücken die Schuhe, und die Haare haben einen schlechten Tag?

Schöneberger: Ich laufe nicht oft über den roten Teppich. Oft ist es so, man gibt sich echt Mühe, und hinterher ist man wieder in der Rubrik 'Sonderbar'. Das muss man mit Humor nehmen. Ich glaube auch daran, was die Aborigines sagen, dass jeder Blitz einem ein Stück Hirn wegfotografiert. Am Ende des roten Teppichs weiß man definitiv nicht mehr, wer man ist und warum man hier ist.

Abendblatt: Noch schlimmer ist wohl nur, wenn man für den Abend verantwortlich ist, ihn moderiert oder singen muss. Haben Sie kein Lampenfieber? Wie fühlen Sie sich da um drei Minuten vor acht?

Schöneberger: Ich habe wirklich Spaß an meiner Arbeit. Aber drei vor acht ist echt übel. Ich habe Mechanismen, die mir helfen. Um halb acht bin ich mit allem fertig und schaue durch den Vorhang in den Saal und versuche die Stimmung von dort aufzunehmen. Dann kann man, wenn man rausgeht, sofort darauf eingehen. Singen finde ich überhaupt nicht schlimm. Das erste Reden ist schlimm. Da muss man den Kontakt zum Publikum herstellen. An schlechten Tagen vergesse ich manchmal etwas, weiß nicht, wann ich anfangen muss zu singen, nach der dritten oder der vierten Flöte.

Abendblatt: Sie müssen sich also immer auf Ihre Spontaneität verlassen?

Schöneberger: Ja, das ist echt die Hölle. Ich kann auch nicht zweimal das Gleiche machen.

Abendblatt: Und was passiert, wenn Sie nach der dritten Flöte lossingen statt nach der vierten?

Schöneberger: Das ist nicht schlimm. Ich gelte nicht als aalglatte Perfektionistin. Ich könnte dann einfach schreien 'Stopp! Ihr Flöten war falsch.'

Abendblatt: Vor anderen zu singen kann peinlich werden. Wieso trauen Sie sich so etwas? Müssen Sie sich dazu überwinden?

Schöneberger: Mein Job ist es, mich jeden Tag etwas zu trauen. Ich habe vielleicht nicht so große Angst vor den Konsequenzen wie andere Menschen. Aber Überwindung brauche ich genauso viel. Früher fand ich singen uncool. Das war mir zu persönlich, zu viel Gefühl. Inzwischen finde ich, man kann es mit Ausdruck und Texten ins Artifizielle treiben. Singen war ein weiteres Mittel, um mich auszudrücken. Außerdem habe ich festgestellt, dass man mich als Künstlerin wahrnimmt, seit ich singe. Davor war ich die dicke lustige Frau. Jetzt bin ich die dicke, lustige Künstlerin, und man fragt mich, welche Art von Mineralwasser ich trinke, damit ich beim Singen nicht aufstoßen muss. Ich glaube aber, Zweifel am eigenen Tun ist einer der wichtigsten Antriebe.

Abendblatt: Sie waren auf Tournee, haben moderiert, Galas gemacht. Wie hält man das durch?

Schöneberger: Ich bin nach acht Wochen nach Hause zurückgekehrt und hab gedacht, ich komme aus dem Krieg.

Abendblatt: Sie sind von Hamburg nach Berlin gezogen. Was ist schöner an Berlin als an Hamburg?

Schöneberger: Gar nichts. Hamburg ist eine atemberaubend schöne Stadt. Berlin ist daneben wie die kleine Schwester mit der ewigen Rotznase. Vielleicht brauche ich so etwas.

Abendblatt: Sie sollen als Kind eine dicke Brille und eine Zahnspange getragen haben.

Schöneberger: Also ich war jetzt nicht das hässliche, stark übergewichtige Entchen. Aber ich habe minus sieben Dioptrien: Viele Leute denken, ich gucke so, weil ich doof bin oder Basedow habe. Fakt ist, ich trage Kontaktlinsen und muss manchmal etwas genauer hinsehen.

Abendblatt: Angeblich verstehen Sie ja etwas von Männern. Was geht gar nicht bei einem Mann, also etwa wenn er nach der ersten Verabredung vor seiner Wohnungstür sagt: Kannst du bitte die Schuhe ausziehen?

Schöneberger: Das ist ganz schlimm. Hatte ich schon. Auf einer Party wollte ich einen heißen Typen treffen und hatte echte Mörderstiefel an. Da sagt der Gastgeber doch zu mir: Ziehst du bitte die Schuhe aus und nimmst dir ein paar Hausschuhe. Das Ende vom Lied war, dass ich dem heißen Typen mit pinkfarbenen Goofy-Hausschuhen begegnet bin. Und er hatte Mickymaus-Schlappen an. Ich finde, was bei Männern gar nicht geht, ist ein Smiley oder LOL am Ende einer SMS. Furchtbar. Mein zweiter Appell an die Männer wäre: Brust- und andere Haare bitte nicht rasieren.

Abendblatt: Und was geht bei Frauen nicht?

Schöneberger: Zickigkeit. Sätze wie: Mir ist kalt. Ich bin müde. Also wenn Frauen überhaupt nicht geländegängig sind und diesem Mädchen-Klischee wahnsinnig entsprechen.

Abendblatt: Haben Sie Hobbys?

Schöneberger: Ich finde Hobbys sind echt 80er-Jahre. Hobbys sind das Letzte (lacht). Wenn ich nicht arbeite, dann lebe ich.

Abendblatt: Auf Ihrer neuen CD geht's auch wieder um Sie, um Männer, um Sex. Sprechen Sie mit den Textern ab, wie nahe Ihnen die Texte kommen?

Schöneberger: Ja. Die meisten Texte sind wieder von Frank Ramond. Ich bespreche mit ihm, was so los ist bei mir, und er betextet das ironisch. Natürlich geht's wieder um Männer und Frauen. Darum geht es doch für alle Menschen. Frank schafft es, die Texte so zu schreiben, dass man denkt, sie seien von mir.

Abendblatt: Es werden viele Klischees über sie bedient. Sie könnten ja beispielsweise auch mal kontern und erzählen: Ich bin die Blondine, die viel liest.

Schöneberger: Ich bin die Blondine, die viel liest! Aber das müsste ein sehr lustiger Text sein, dass sich den jemand anhören will. Ich mach mich zumindest auch über die Klischees lustig. Ich finde, es ist eine Gute-Laune-CD.

Abendblatt: Vielleicht weil Sie frisch verheiratet sind.

Schöneberger: Ja.

Barbara Schönebergers Tournee beginnt am 8.11. in Hamburg, CCH, Tickets: 01805/57 00 00