90 kontrastreiche Werke aus dem Freiburger Augustiner-Museum: Die Ausstellung “Zwischen Himmel und Hölle“ zeigt mittelalterliche Kunst von der Gotik bis zur Renaissance.

Hamburg. Mittelalterliche Kunst und das säkulare, protestantisch geprägte Hamburg - eine nicht gerade naheliegende Verbindung. Zehn Jahre ist die letzte Mittelalter-Ausstellung "Goldgrund und Himmelslicht" in der Hamburger Kunsthalle her. Auch Michael Philipp, Kurator des Bucerius- Kunst-Forums, stellte sich die Frage: "Eine Ausstellung mit christlicher Kunst. Geht das in Hamburg überhaupt?" Die Schau "Zwischen Himmel und Hölle. Kunst des Mittelalters von der Gotik bis Baldung Grien", die vom 19. September bis zum 10. Januar kommenden Jahres im Bucerius-Kunst-Forum zu sehen ist, soll zeigen, dass es geht.

Der Kontrast zur - gerade mit dem sehr populären Edward Hopper abgeschlossenen - Amerika-Trilogie des Museums könnte kaum größer sein. Aber auch "Zwischen Himmel und Hölle" ist eine kleine Sensation. Die rund 90 gezeigten Gemälde - Skulpturen, Glasfenster und Teppiche - entstammen bis auf zwei dem Freiburger Augustiner-Museum, das gerade wegen umfangreichen Umbaus geschlossen ist. Hamburg stellt diese Kunstwerke einmalig außerhalb des Museums vor.

Die Exponate repräsentieren einen Zeitraum von 1150 bis in die späten 1530er-Jahre und stammen zum großen Teil vom Oberrhein, dem Zentrum des mittelalterlichen Kulturraums zwischen Straßburg, Basel und dem Bodensee. Die Dualität von Himmel und Hölle mit ihren Aspekten Trost und Furcht prägte das Bewusstsein des mittelalterlichen Menschen und fand Eingang in die Kunst. Kurator Philipp hat die Schau nach den wichtigsten Bildthesen der christlichen Welt gegliedert: Schmerz und Erlösung, Maria, Stationen der Passion Christi, Heiligendarstellungen und Gut und Böse.

Als einziger Künstler ist Hans Baldung Grien (1484/85-1545) mit einem eigenen Raum hervorgehoben. Der Maler gestaltete große Teile des Hochaltars im Freiburger Münster. Unter anderem sind in der Ausstellung die originalen Glasfenster aus dem Sakralbau zu sehen. Eine Schutzmantelmadonna aus Sandstein dient mit ihrem langen Gewand als Urbild von Schutz und Zuflucht. Ein Wirkteppich stellt die Passion Christi als Folge von fünf detailliert ausgestalteten Szenen als mittelalterlichen Comic dar. Heiligendarstellungen geben Einblick in die Frömmigkeit des mittelalterlichen Menschen. Der Pest-Heilige Sebastian ist einmal elegant gewandet, als Skulptur von 1470, an einen Baum gefesselt dargestellt. In einem Relief von 1500 ist er fast nackt, mit schmerzverzerrtem Gesicht und von Pfeilen durchbohrt zu sehen. Das Bildnis "Amor mit brennendem Pfeil" Baldung Griens markiert das Ende des Mittelalters und den Beginn der Renaissance.

Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Vorträgen, Konzerten und Filmen soll den Hamburgern den Zugang zu der Ausstellung erleichtern. Unter anderem wird der katholische Hamburger Erzbischof Werner Thissen am 15. Dezember mit Kultursenatorin Karin von Welck diskutieren. Erstmals legt das Bucerius-Kunst-Forum auch einen eigenen Audio-Guide für Kinder auf und Alexander Röder, Hauptpastor der Hauptkirche St. Michaelis, wird ab dem 10. Oktober (12 Uhr) alle 14 Tage theologische Führungen anbieten.

Das Museum setzt auf die universelle Gültigkeit der existenziellen Erfahrungen von Leid, Schmerz und Freude. "Das Mittelalter ist ein kulturelles Erbe auch für jene Menschen, die keinen Zugang zu Religion haben", erklärt Kurator Philipp. "Sie ist Ausdruck einer starken Emotionalität. Es bedarf nur einer Offenheit gegenüber der Kunst." Entsprechend habe man sich bei der Auswahl auf emotionale Werke konzentriert und zum Beispiel die Schatzkammer außen vor gelassen. "Wir zeigen kein Kunsthandwerk, sondern Kunst."

Zwischen Himmel und Hölle. Kunst des Mittelalters von der Gotik bis Baldung Grien 19.9.2009 bis 10.1.2010, Buce-rius-Kunst-Forum, Rathausmarkt 2, tägl. 11 bis 19 Uhr, Do bis 21 Uhr; www.buceriuskunstforum.de