Es gibt Abende, die sind so großartig, dass man nicht viele Worte dazu verlieren muss. “Tim Fischer singt Georg Kreislers gnadenlose Abrechnung“ ist so einer.

Hamburg. Der hinreißende Chansonnier stellt sich ganz in den Dienst des wortgewaltigen Kabarettisten, Poeten und Komponisten, der - inzwischen 87 Jahre jung - seine Lieder schon lange nicht mehr selbst vorträgt. Im St.-Pauli-Theater nimmt Tim Fischer sein Publikum mit auf eine Entdeckungsreise in die entlegensten Ecken des Kreisler-Repertoires, dort, wo sich wilde Anarchie daherträumt wie bösartige Psychosen, wo der Spießer grantelt und zittert, wo die Liebe seltsame Blüten treibt. Topaktuell selbst Texte aus den späten 50er-Jahren, so gar nicht vom "Löwenzahn der Zeit" (Kreisler) angenagt, und musikalisch weit vorn ein Song aus Kreislers erster Oper "Der Aufstand der Schmetterlinge". Fischer gelingt die wunderbare Gratwanderung, in seiner Artikulation den Wiener Grundton Kreislers hörbar zu machen und dabei eigen zu bleiben - ein großer Genuss.

Enthusiastischer Applaus für die ausgefeilte, uneitle, charmante und anrührende Performance (am Klavier: Rüdiger Mühleisen), die jeden Weg zum Spielbudenplatz lohnt.

Tim Fischer singt Georg Kreisler noch heute und morgen, jeweils 20 Uhr im St.-Pauli-Theater.

Georg Kreisler liest aus seinem neuen Buch, Mo, 14.9., 20 Uhr, Schmidts Tivoli (im Rahmen des Harbour Front Literaturfestivals)