Die Philharmoniker haben in den Sommerferien das Spielen ihrer Instrumente nicht verlernt, und wer die Chefin ist, das haben sie auch nicht vergessen.

Hamburg. In der ihr eigenen Art - halb jovial-schwungvolle Vortänzerin, halb Zuchtmeisterin - führte Simone Young gestern Vormittag in der Laeiszhalle Hamburgs Staatsorchester zum Start in die neue Saison durch Brahms' Violinkonzert und die Schauspielmusik zum "Sommernachtstraum" von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Die Geigerin Midori spielte den Solopart. Bemerkenswert, wie sie völlige Hingabe an ihr Instrument mit asiatischem Rigorismus verbindet. Den Kopf auf ihre Violine gelegt wie auf ein hartes Kopfkissen, strich Midori mit derselben Sehnigkeit, die ihr kleiner Körper ausstrahlt, Brahms' Linien aus der Geige. Das klang manchmal ziemlich unbarmherzig. Auch in den leisen, innigen Passagen behielt ihr feiner Ton etwas Sprödes. Bloß keine Sinnlichkeit, bloß keine Sentimentalität!, stand wie ein unsichtbares Schild über ihrer Interpretation.

Das Orchester begleitete sie fast schon zu respektvoll. Dabei wirkte es ebenso nobel wie statisch - ein Luxusmöbel. Die Scharniere sind geölt, keine Schublade klemmt, die Politur glänzt fein. Das Sublime wie das Rauschhafte musste man sich dazudenken.

Im "Sommernachtstraum" nach der Pause schien es, als habe der Kobold Puck in einer fröhlichen Laune die Musiker verwandelt. Da wich ihre etwas behördlich anmutende Akkuratesse ohne Präzisionsverlust einer Vielfalt an Klangschattierungen, da war sie plötzlich da, die zuvor vermisste Sinnlichkeit. Nun kommt Mendelssohns zauberische Musik solcher Spielweise entgegen, und die Philharmoniker und ihre Chefin machten sich einen Spaß daraus. Nur den "Hochzeitsmarsch", zu dessen Klängen wohl etliche Paare im Saal einst die eigene Trauung feierten, gaben die Philharmoniker so gravitätisch, als gelte es, einen Staatsakt zu begleiten.

Gustav Peter Wöhler sprach mit seiner hellen Erzählstimme den die "Sommernachtstraum"-Handlung salopp zusammenfassenden Text von Michael Köhlmeier und lief in den eingestreuten Rezitationen von Shakespeares Schauspieltext zu vergnüglichster Form auf. Trine W. Lund (Sopran) und Ann-Beth Solvang (Mezzosopran) sangen als Elfen klangschön die beiden Lieder, und für den Elfenchor hatte man extra 16 Damen des Vocalconsorts Berlin engagiert.

Wdh. heute, 20 Uhr, Laeiszhalle