20.000 Besucher kamen zu den 38 Vorstellungen nach Kampnagel. Der Grundstein für ein bedeutendes Festival ist gelegt - doch dafür fehlt das Geld.

Hamburg. So viele Besucher wie noch nie, eine richtig gute Stimmung auf dem Kampnagelgelände und das Prachtwetter machten das Internationale Sommerfestival Hamburg zu einem Supererfolg. 20 500 Besucher kamen zu den 38 Vorstellungen, von denen 21 ausverkauft waren. In nur zwei Jahren ist es dem künstlerischen Leiter Matthias von Hartz damit gelungen, das dreiwöchige Festival mit Tanz, Theater, Konzerten, Performance und bildender Kunst zum größten in der Stadt aufzubauen.

"Der gute Besuch und die überregionale Resonanz in der Presse haben uns bestätigt, dass es im vorigen Jahr kein Zufallserfolg war", sagt Hartz. Für ihn fühlte sich das Festival und die Atmosphäre richtig gut an - nicht nur, weil das Wetter mitgespielt hat: "Vor der großen Schlingensief-Drehbühnen-Installation 'Animatograph' bildeten sich Schlangen, und zur Versteigerung des aus einem zerlegten Auto gebauten Fahrrads sind 300 Leute geblieben." Für den Kurator der Beweis: "Wir hatten sehr unterschiedliche Besucher, die wegen einer Veranstaltung kamen und dann noch zu anderen geblieben sind. Bis ein Uhr nachts gab's lebhafte Diskussionen im Festivalzentrum." Genau das sind für Hartz wesentliche Aspekte, die ein Festival ausmachen: "Stars, spannende Entdeckungen, anregende Festivalatmosphäre."

Hartz bringt große internationale Gastspiele und zeigt eigene Produktionen mit hier neuen Künstlern. Außerdem ist es ihm gelungen, die bildende Kunst einzubinden. So sind die besten Voraussetzungen geschaffen, das Sommerfestival zu einer Keimzelle für ein größeres, auf die Stadt noch intensiver ausstrahlendes Ereignis werden zu lassen. Das Festival hat allerdings besuchermäßig am Standort Kampnagel die Kapazitätsgrenze fast erreicht. Doch das künstlerische Programm ist weiter ausbaufähig. Hartz wünscht sich ein Projekt, am oder im Wasser zu spielen, aber dazu fehlen die Mittel.

Durch den Rückzug der "Zeit"-Stiftung hatte er 100 000 Euro, ungefähr ein Viertel seines künstlerischen Budgets (350 000 Euro) verloren. Zwar half die Kulturbehörde mit 60 000 Euro, doch die Einladung von Dries Verhoevens Theaterprojekt "You Are Here" platzte. "Ich habe die Hotel-Installation, die den Blick in fremde Zimmer inszeniert, den Salzburger Festspielen vorgeschlagen und wollte sie mit ihnen präsentieren. In Salzburg hat sie den Young Directors Price gewonnen."

Auch im Fall Needcompany, der belgischen Gruppe auf der Grenze von Tanz und Performance, hat Hamburg jetzt das Nachsehen. Hartz gelang die Koproduktion zu den Festivals in Avignon und Salzburg. "Beim neuen Projekt kann ich nicht mehr mithalten, das macht die Ruhrtriennale." Den Trumpf hat Hamburg sozusagen an Bochum verloren. Beschämend für eine Weltmetropole.

Die Kooperationen mit den Institutionen in der Stadt würde Hartz gerne erweitern. "Beispielsweise hat sich Weimar mit dem Kunstfest als ganze Stadt aufgewertet. An einen Vergleich mit den Wiener Festwochen denke ich erst gar nicht, aber an den Steirischen Herbst." Die Provinzstadt Graz gibt dafür 3,5 Millionen Euro. "Auch Bregenz hat seine Festspiele zu einem Sommerereignis entwickelt, das die ganze Region prägt." Matthias von Hartz würde das mit dem Festival ebenfalls wollen, wenn er nur könnte. Hamburg sollte, meint er, aufpassen, dass es vorhandenes Potenzial nicht verscherzt. Das Interesse für internationale Kunst ist, wie das Ergebnis zeigt, beim Publikum vorhanden. Welchen Stellenwert ihr die Stadt zumisst, muss sich zeigen.