Hochzeitsgäste und Inselbewohner müssen in der neuen Serie auf ProSieben (21.15 Uhr) um ihr Leben fürchten - denn einer ist ein Mörder.

Eine abgelegene, idyllische Insel mit einem kleinen pittoresken Hafen, 37 Meilen vor der Küste von Seattle. Der perfekte Ort, um eine Traumhochzeit zu feiern. Wäre da nicht diese hässliche Sache vor sieben Jahren. Damals sind auf der Insel sechs grausame Morde geschehen, die ersten in ihrer Geschichte, doch es werden nicht die letzten bleiben, wie bereits der Vorspann unheilvoll ankündigt. Lange gefackelt wird nicht bei "Harper's Island", der heute startenden 13-teiligen Mysteryserie auf ProSieben. Bereits als das Boot mit der Hochzeitsgesellschaft ablegt, wird das erste Opfer vom Schiffspropeller enthauptet. "Einer nach dem anderen" heißt die Pilotfolge und gibt damit Richtung und Tempo vor. Der Serienmörder John Wakefield, dessen Motive und Verbleib zunächst unklar sind, hat auch Abbys Mutter auf dem Gewissen. Trotzdem überwindet sich die noch immer unter Angstzuständen leidende Frau (Elaine Cassidy), an der Hochzeit ihres besten Jugendfreundes Henry (Christopher Gorham) teilzunehmen, und kehrt mit den anderen Gästen auf die Insel zurück. Dort will Henry mit der hübschen Trish (Katie Cassidy) in bessere Kreise einheiraten, sehr zum Missfallen des Brautvaters. Doch die Insel wird abermals Schauplatz grausamer Morde, die die anwesende Hochzeitsgesellschaft in zwei Lager spalten. Die einen versuchen, möglichst schnell von der Insel zu fliehen, die anderen wollen die Verbrechen aufklären. Und mitten unter ihnen der Mörder, der sich einen nach dem anderen vornimmt.

Die 13 Folgen sind ein überlanger Teenieslasherfilm in der Tradition von "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast", gespickt mit mal mehr und mal weniger gelungenen Schockmomenten. Sie erweisen sich dabei als eine Mischung aus "Beverly Hills, 90210" voll hübscher junger Menschen und Agatha Christies "Da waren's nur noch neun". Dabei scheut man auch vor blutigen Splattermotiven nicht zurück. Gleich in der Pilotdoppelfolge etwa bricht ein Hochzeitsgast beim nächtlichen Spaziergang durch die Holzbalken einer Hängebrücke und verliert so feststeckend durch den sauberen Säbelschnitt eines Unbekannten die untere Hälfte seines Leibes. Andere Schrecksekunden sind weniger grausam, dafür mitunter recht billig - als ein Gast von der alten Mordserie erzählt, fällt just ein Vogel vom Himmel-Effekthaschereien, bei denen jede Geisterbahn auf dem Dorfrummel vor Scham stehen bleiben würde.

Auch für genretypische Logiklöcher und seifenopernartige Dialoge braucht man oft Nerven wie Stahlseile, auch die Fülle an Charakteren ist zunächst unüberschaubar. Doch wenn erst einmal zwei, drei Folgen durchgestanden sind und die einzelnen Figuren langsam etabliert oder eliminiert werden, beginnt die Insel tatsächlich in ihren Bann zu schlagen. Verdächtig ist fast jeder, ob Hochzeitsgast oder Inselbewohner, ob Henrys missratener Bruder, der ehemalige Liebhaber der Braut, der intrigante, reiche Vater oder andere schwarze Schafe. Selbst ein kleines Mädchen sorgt mit seiner sadistischen Ader für Gänsehaut.

In Deutschland könnte die Killerserie jedoch dem Internet zum Opfer fallen. Schon jetzt kann man auf den einschlägigen TV-Blogs und Entertainment-Webseiten den zahlreichen Hinweisen kaum entgehen, die das eigentlich tatsächlich überraschende und schockierende Ende ruinieren könnten. Die Situation erinnert an Anfang der Neunziger, als sich bei der Ausstrahlung von David Lynchs Kultserie "Twin Peaks" auf RTL der Konkurrenzsender Sat.1 als Spielverderber erwies. Während in den USA die Suche nach dem Mörder von Laura Palmer zum Gesprächsthema an den Bürokaffeemaschinen des Landes wurde, verriet beim deutschen Serienstart Sat.1 den Täter im Videotext. Die Quote bei RTL sauste in den Keller, und die Serie wurde vorzeitig abgesetzt. Heute braucht es keinen böswilligen Rivalen mehr, um ein Format zu killen. Das erledigen mittlerweile die Fans.

Serie: Harper's Island. 21.15 Uhr ProSieben