Wenn ich, liebe Leserinnen und Leser, in ihren Briefen blättere (die E-Mails werden ausgedruckt), fällt mir auf, dass darin immer häufiger über Fehler oder Sprachschnitzer Beschwerde geführt wird, die Sie in den Radio- oder Fernsehnachrichten gehört haben.

Die Einwände sind begründet, sie erscheinen mir aber trotzdem manchmal ungerecht. Denn ein Reporter "vor Ort", der mit einem oft auch nur oberflächlich informierten Moderator im Studio über ein Ereignis reden soll, das eben erst stattfindet, wird kaum noch auf korrekten sprachlichen Ausdruck achten können.

Dennoch darf ein sprachkritischer Journalist die eigene Zunft natürlich nicht ungeschoren lassen. Ich revanchiere mich deshalb jetzt mal mit ein paar Klischeeformulierungen, die in Nachrichtensendungen häufig vorkommen und die mir immer wieder auf die Nerven gehen.

Ein Ereignis oder eine Entwicklung "muss abgewartet werden", sagt der Reporter. Ja, warum redet er dann schon darüber. Abwarten müssen ist keine Nachricht, obendrein langweilig. Dieses "muss abgewartet werden" wirkt auf den Zuhörer oder Zuschauer wie eine Aufforderung zum Abschalten.

Oder: Das zu berichtende Ereignis "wird überschattet", von einem Unglücksfall zum Beispiel. Was heißt das? Wird es am Ort des Geschehens allmählich dunkel? Wird das Ereignis durch das Unglück beeinflusst? Und wenn ja: wie? Das wäre die Nachricht.

Vorwürfe werden, besonders von Politikern, grundsätzlich "zurückgewiesen". Die Mitteilung darüber ist eine Leerformel. Eine Nachricht wäre, was der Angegriffene zu erwidern hat.

Immer wieder wird von Politikern berichtet, sie wollten "alles tun" oder es solle "alles getan werden", um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dies "alles" ist eine Blendgranate. Was heißt denn alles? Wer nicht sagen kann, was er konkret tun will, der tut im Zweifel gar nichts.

Attentate werden fast immer "feige" genannt. Wieso feige? Attentäter sind Verbrecher, sie sind in der Regel hinterhältig und böse, müssen aber manchmal todesmutig sein.

Verlierer einer Wahl pflegen zu sagen, es sei ihnen "nicht gelungen, den Wählern unser Programm verständlich zu machen". Doch, das schon. Der Wähler hat es bloß nicht glaubwürdig gefunden und also auch nicht haben wollen. Aber darüber demnächst mehr.