Eine der wichtigen Sammlungen zeitgenössischer Kunst benötigt eine dauerhafte Perspektive - Zusammenarbeit mit Deichtorhallen geplant.

Hamburg. Hamburg bedeutendster Sammler für zeitgenössische Kunst will sich aus der Ausstellungsszene zurückziehen: Seit 15 Jahren zeigt Harald Falckenberg in der Phoenix-Kulturstiftung in Harburg viel beachtete Ausstellungen mit aktueller Kunst. Jetzt sucht der 66-Jährige eine enge Zusammenarbeit mit den Deichtorhallen, deren neuer Direktor Dirk Luckow künftig am Deichtorplatz und in Harburg mit den Beständen der Sammlung arbeiten könnte. Darüber hinaus möchte Falckenberg seine hochkarätige Sammlung (ca. 1900 Arbeiten, u. a. von Martin Kippenberger, Albert Oehlen und Daniel Richter) dauerhaft Hamburg übergeben. Die "Süddeutsche Zeitung" spekuliert in diesem Zusammenhang über ein hinhaltendes Agieren der Kulturbehörde und über ein angebliches Zerwürfnis zwischen Falckenberg und Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner, der nicht an einer Übernahme der Sammlung für seine Galerie der Gegenwart interessiert sei. Die Kooperation mit der Sammlung Falckenberg würde für die Deichtorhallen einen jährlichen Mehrbedarf von etwa 500 000 Euro bedeuten. Diese Zahl wollten weder die Kulturbehörde noch der Sammler bestätigen. Wir fragten Harald Falckenberg.

Abendblatt:

Wie weit sind die Gespräche zwischen Ihnen und der Stadt zur Zukunft Ihrer Sammlung bisher gediehen?

Harald Falckenberg:

Mit der Kulturbehörde und Dirk Luckow, dem neuen Direktor der Deichtorhallen, bin ich übereingekommen, dass die Deichtorhallen und meine Sammlung im Bereich der Ausstellungen ab 2010 bis zunächst 2014 kooperieren. Über Einzelheiten werden wir nach den Ferien verhandeln. Dann hat der Aufsichtsrat der Deichtorhallen zu entscheiden. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine gute Lösung finden.

Abendblatt:

Würde das heißen, dass die Deichtorhallen dann künftig auch in Harburg ausstellen?

Falckenberg:

Ja, die Deichtorhallen haben dann die Möglichkeit, die Räume in Harburg und die Sammlung für Ausstellungen zu nutzen.

Abendblatt:

Sie selbst wollen keine Ausstellungen mehr machen?

Falckenberg:

Es sind für 2010 noch eine Reihe von Ausstellungen fest vereinbart, die Dirk Luckow übernehmen will. Aber ich bin jetzt 66 und habe 15 Jahre lang Ausstellungen gemacht. Das ist ein Knochenjob, den ich abgeben möchte. Ich will künftig vor allem über Kunst schreiben und mein verlegerisches Engagement für Kunsttheorie verstärken und natürlich weitersammeln.

Abendblatt:

Sie wollen sich jetzt also noch nicht von Ihrer Sammlung verabschieden?

Falckenberg:

Wir werden aber im Herbst mit der Kulturbehörde darüber zu reden haben, wie es möglich ist, die Sammlung über 2014 hinaus dauerhaft an Hamburg zu binden.

Abendblatt:

Wollen Sie Hamburg Ihre Sammlung übergeben?

Falckenberg:

Im Prinzip ja. Meine Sammlung könnte neben der Sammlung Gundlach die Möglichkeiten der Deichtorhallen erweitern. Aber darüber muss am Ende die Kulturbehörde entscheiden.

Abendblatt:

Denkbar wäre aber auch die Galerie der Gegenwart. Ist es wahr, dass Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner Sie brüskiert hat?

Falckenberg:

Nein, durchaus nicht. Ich habe zu Herrn Gaßner ein gutes persönliches Verhältnis und verstehe angesichts der beschränkten finanziellen Mittel und des großen organisatorischen Aufwands, dass er zögert, die Sammlung in die Galerie der Gegenwart zu integrieren.

Abendblatt:

Sind die Deichtorhallen Ihr Wunschpartner?

Falckenberg:

Die Zusammenhänge sind in den Deichtorhallen viel unkomplizierter. Mit Dirk Luckow halte ich einen konzeptionellen Konsens für sehr gut vorstellbar. Luckow kann frei mit der Sammlung umgehen, ich werde ihm da nicht hineinreden.

Abendblatt:

Wie weit wollen Sie die Sammlung Falckenberg möglichst komplett erhalten wissen?

Falckenberg:

Jeder sieht Kunst unter anderen Gesichtpunkten. Die Musealisierung einer Sammlung ist lebensfremd. Selbst ein Herr Ludwig hat das nicht geschafft, und ich bin ein viel kleineres Licht.

Abendblatt:

Welche finanzielle Verpflichtung müsste Hamburg übernehmen, wenn Sie die Sammlung etwa in eine Stiftung zugunsten Hamburgs einbringen? Geredet wird von jährlich 500 000 Euro.

Falckenberg:

Zu den Summen, die da genannt worden sind, äußere ich mich nicht.

Abendblatt:

Und welche Perspektiven sehen Sie nun?

Falckenberg:

Im nächsten halben Jahr wird über den Doppelhaushalt 2011/12 entschieden. Gegenüber fast allen anderen Städten in Deutschland und Europa hat Hamburg für die Gegenwartskunst die meisten Institutionen - von der Galerie der Gegenwart, über Kunsthaus, Kunstverein, Deichtorhallen und die Phoenixhallen. In Berlin diskutieren sie derzeit über eine temporäre Kunsthalle und kommen nicht zu Potte. Hamburg hat hier wirklich etwas zu bieten, das möchte ich mit aller Kraft unterstützen.