Medienhäuser denken über Bezahlangebote für ihre Onlineinhalte nach - im Gespräch ist eine “Internet-Gema“.

Hamburg/Berlin. Das Internet revolutionierte die Medienwelt. Politiknachrichten, Theater- und Kinokritiken, Berichte aus der Nachbarschaft und aus fernen Ländern, Klatsch und Tratsch - Millionen Nachrichten stehen online zur Verfügung. In Sekundenschnelle. Und kostenlos. Ein Geburtsfehler des Internets, denken die Medienhäuser, die Inhalte für diesen weltweit geöffneten Kiosk liefern. Denn "Qualitätsjournalismus ist nicht billig", wie Rupert Murdoch, der Vorstandschef der News Corp., eines der größten Medienkonzerne der Welt, jetzt wieder in New York betonte. Er will das Internet gleich noch einmal revolutionieren: Alle Nachrichten aus seinem Konzern ("News of the World", "The Sun") sollen in absehbarer Zeit nur noch kostenpflichtig angeboten werden. Bei seinem Flaggschiff "Wall Street Journal" bittet Murdoch bereits für die wichtigsten Angebote zur Kasse.

Ein Weg, dem deutsche Verleger nicht abgeneigt sind. Mathias Döpfner, Vorstandschef des Verlags Axel Springer (Hamburger Abendblatt, "Bild", "Welt"), glaubt zwar nicht, dass die Gratis-Kultur im Internet auf Knopfdruck zurückgedreht werden kann, sieht allerdings Chancen bei besonders nutzwertigen, exklusiven oder spezialisierten Inhalten. Für internetfähige Mobiltelefone seien Abonnements oder die Bezahlung kostenpflichtiger Angebote über die Telefonrechnung denkbar. Wer bereit sei, für jede SMS ein paar Cent zu bezahlen, sei auch offener, auf Tastendruck für Nachrichten Geld auszugeben. Unterstützung kommt von WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach: Diese "Überlegungen von Dr. Döpfner sind die wichtigste medienpolitische Initiative seit Jahrzehnten", sagte er seiner "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". "Ich wünschte mir, dass die Verbände die Diskussion darüber, wie Qualitätsjournalismus auch im Online-Bereich refinanziert und damit erhalten werden kann, aufgreifen. Diese medienpolitische Diskussion ist in Deutschland längst überfällig."

Der Kölner Verlag M. DuMont Schauberg ("Kölner Stadt-Anzeiger", "Berliner Zeitung", "Frankfurter Rundschau") kann sich kostenpflichtige Angebote vorstellen - wenn es dafür einen Branchenkonsens gibt, wie Konstantin Neven DuMont sagte. Für Gruner+ Jahr ("Stern") kann das Internet-Geschäft der Verlage nicht allein auf Werbung beruhen. "Für Bezahlinhalte müssen zunächst einfache technische Voraussetzungen geschaffen werden", sagte Vorstandschef Bernd Buchholz in einer dpa-Umfrage.

Anders sieht das Anton Notz, Leiter Electronic Media der Gruner+Jahr-Wirtschaftsmedien. "Das Gesetz des Marktes lautet: Über das Reichweitenwachstum ist mit Werbung definitiv mehr Geld zu verdienen als mit Paid Content. Dem kann man sich - zumindest als deutschsprachiges Online-Medium - kaum entziehen", sagt er.

Lange haben die Medienhäuser die wachsende Gratiskultur im Netz hingenommen, auch wenn es immer wieder Versuche mit Bezahlangeboten gab. "Doch sobald im Netz etwas kostet, gehen die Nutzerzahlen dramatisch zurück", sagt Hans-Joachim Fuhrmann vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Eine Chance sieht Fuhrmann in Premium-Inhalten für bestimmte Interessengruppen. Im Gespräch für neue Erlösmodelle ist etwa eine "Internet-Gema" und eine "Kulturflatrate". Für die Tatsache, dass sie die technischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um Nachrichten im Netz überhaupt lesen zu können, wollen die Verlage Geld haben. Andere Medienleute stehen diesem Weg skeptisch gegenüber. Für sie öffnet der Verkehr über Google die Chance, möglichst hohe Klickraten zu bekommen und die Nutzer auf Werbung auf den eigenen Seiten zu lenken.

"Internet-Papst" Jeff Jarvis (buzzmachine.com) hält Bezahl-Modelle für "aussichtslos", wenn nicht sogar "selbstmörderisch", weil sie den Konkurrenten Tür und Tor öffnen, wie er im Londoner "Guardian" schrieb. Als Verfechter der sogenannten "Link-Ökonomie" warnt Jarvis die traditionellen Medien: "Wer sich hinter Bezahlmauern verschanzt, schließt sich vom Internet selber aus."