Deutsche Umstürze in Musik, Literatur und Film auf Kampnagel - ein Projekt des Schleswig-Holstein Musik Festivals.

Sinfonien von Carl Philipp Emanuel Bach treffen auf Filmdokumente der zu Ende gehenden DDR. Etwas weiter erklingt ein Streichquartett von Helmut Lachenmann aus dem Jahr 1989 im Wechsel mit politischen Schriften von Friedrich Christian Daniel Schubart, der seine Freimütigkeit Ende des 18. Jahrhunderts mit zehn Jahren Kerker bezahlte. Die DDR-Komponisten Helmut Oehring und Georg Katzer erzählen in Filminterviews von ihren Erfahrungen mit dem Unrechtsregime.

"Wendezeiten 1789/1989" heißt das SHMF-Projekt auf Kampnagel, zu dem sich die Akademie für Alte Musik Berlin, das Kammerensemble Neue Musik Berlin, der Schauspieler Udo Samel, der Kameramann Andreas Höfer (bekannt geworden etwa durch den Film "Sommer vorm Balkon") und die Regisseurin Pamela Meyer-Arndt zusammengetan haben. Ihr kaleidoskopartiges Programm verteilen sie auf verschiedene Räume, zwischen denen das Publikum nach Belieben wandeln kann.

Die Künstler verschränken zwei Epochen deutscher Geschichte, zwischen denen zwar 200 Jahre liegen, die aber von ähnlichen politischen Verhältnissen geprägt waren: die sieche DDR vor 1989 und die Zeit des erstarkenden bürgerlichen Selbstbewusstseins am Vorabend der französischen Revolution 1789. Beide Epochen waren geprägt von staatlicher Unterdrückung - von Zensur und fehlender Pressefreiheit, von Bespitzelung, Denunziation und Verhaftung. Zu beiden Zeiten erzeugte genau dieser Druck aber auch Freiheitsutopien, deren Kraft sich schließlich in Revolutionen entlud. Es mag paradox klingen: Aber so unruhig, ja lebensbedrohlich die Zeiten waren, das neue bürgerliche Selbstbewusstsein zeigte sich auch in der Art zu feiern. Deshalb endet der Abend mit Walzern in der einen Halle - und Techno in der anderen.

Wendezeiten 1789/1989: 7./8.8., je 20 Uhr. Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestr. 120; Karten zu 35,- unter T. 0431 - 57 04 70; www.shmf.de