Politisch unkorrekt und überaus komisch erzählt die Serie wenig vom Krankenhausalltag; umso mehr von den Liebeswirren einer jungen Ärztin.

Comedyserie: Doctor's Diary. 20.15 Uhr RTL

Freunde anspruchsvoller fiktionaler Unterhaltung dürften bei dem, was RTL in der kommenden TV-Saison präsentiert, das große Gähnen bekommen. Da wären etwa: Sky du Mont als Flaschengeist und Schwerenöter; die 200. (gefühlt die 752.) Folge der Autobahn-Action-Serie "Alarm für Cobra 11", die in immer wieder neuen Varianten quietschende Reifen und explodierende Autos abfilmt, und ein sogenannter Event-Film mit Bettina Zimmermann, der an das Abenteuer "Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen" anknüpft - ein Film, der so schlicht und wenig abenteuerlich daherkam, dass man ein Jahr später weder einen Satz noch ein einziges Bild erinnert. Die raren Lichtblicke aus der Fiction-Abteilung des Privatsenders: ein Zweiteiler über einen Vulkanausbruch in der Eifel mit vielversprechender Besetzung sowie die zweite Staffel von "Doctor's Diary".

Sie startet heute mit einem 90-minütigen Pilotfilm (sechs weitere Folgen schließen sich an) und unterscheidet sich in Erzählstruktur, Figurenzeichnung und Plot kaum merklich von der vorherigen. Was nicht schlimm ist. Denn "Doctor's Diary - Männer sind die beste Medizin" war im vergangenen Jahr nicht nur die Lieblingsserie so ziemlich aller Fernsehjurys (sie gewann u. a. den Deutschen Fernsehpreis und den Adolf-Grimme-Preis), sondern mit einem Marktanteil von durchschnittlich 16,6 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe auch ein Zuschauererfolg. Auf "eine Kombination aus der amerikanischen Krankenhausserie 'Grey's Anatomy' und den 'Bridget Jones'-Filmen" hat man sich als inoffiziellen Verkaufsslogan geeinigt - was es ganz gut trifft. Und beide Vorbilder zeichnen sich ja weniger durch einen originellen Plot aus als vielmehr durch intelligenten Witz, das richtige Timing und eine spürbare Lust am Erzählen.

So auch die Serie von Bora Dagtekin ("Türkisch für Anfänger"). Hauptfigur Dr. Gretchen Haase (Diana Amft) hat in der neuen Staffel weder ihre Schokosucht noch ihren Herzschmerz erfolgreich bekämpft und hadert fröhlich weiter mit ihren Rundungen und der Männerwelt. Sie ist nach wie vor in den kaltherzigen und einschüchternd attraktiven Oberarzt Dr. Marc Meier (Florian David Fitz) verliebt, der allerdings kurz vor der (erzwungenen) Hochzeit mit Gretchens größter Konkurrentin, Schwester Gabi, steht. Und der romantische Gynäkologe und Frauenversteher Dr. Kaan (Kai Schumann) müsste sich eigentlich um seine aus dem Koma erwachte Ehefrau kümmern, hat aber nur Augen für Gretchen. Neuzugang im Liebeskarussell der jungen Ärztin: Der arrogante Millionär Alexis von Buhren (Steffen Groth), dem sie auf der Mottoparty "Eyes Wide Slut" begegnet; er als Batman, sie, wie passend, als Cinderella verkleidet.

"Hurra: Endlich wieder Liebeskummer" heißt die Pilotfolge denn auch treffend - denn natürlich geht es nur am Rande um medizinische und im Kern um amouröse Komplikationen. Der klischeeverdächtigen Grundkonstellation zum Trotz sind die Figuren bis in die kleinsten Nebenrollen - von Gretchens neurosendurchdrungenen Eltern bis zu ihrer krebskranken Schulfreundin - treffend und fein gezeichnet.

"Obwohl wir Feel-Good-Fernsehen" sind, verkaufen wir niemanden für dumm", sagt Dagtekin. "Wer romantisch ist, kann heulen. Wer einen schlechten Tag hatte, kriegt bei uns was zu lachen." Das ist Prinzip bei "Doctor's Diary": Die Serie ist hemmungslos kitschig und romantisch - wozu sie auch steht. Gleichzeitig ist sie so selbstironisch und absurd, wie es sich für gute Comedy gehört. Und die Fettnäpfchen sind derart zahlreich über die Krankenhausflure verteilt, dass der nächste böse Witz, die nächste geschmacklose Dialogzeile nie lange auf sich warten lässt. Schön zu sehen, wenn der deutschen Fiction mehr einfällt als Flaschengeister.