Auf der Buchmesse 2008 lag Knusperlust in der Luft. Im Agentenzentrum fielen Wörter wie “gefährlich“, “leidenschaftlich“, “romantisch“ und “wie Mondscheintarif, aber mit mehr Biss!“

Die Frauen streichelten sich abwesend den Hals und seufzten. Zehn Monate später stürmen die Untoten die Buchhandlungen:

"Weiblich, ledig, untot", "Der Vampir der mich liebte", "Ein Vampir für gewisse Stunden", "Küsst du noch oder beißt du schon?" - wo sonst auf den verkaufspsychologisch kassennah gestellten Buchtischen die pastellfarbenen Damenromane liegen (die mit den Schuhen auf dem Cover), springen einen nun die Nachtaktiven an. In etwa mit denselben Storys, nur mit mehr Blut, die Dämonen sind nicht das Idealgewicht und der beste schwule Freund, sondern Werwölfe und Bloody Marys. Manchmal findet sich sogar ein richtig guter Roman darunter.

Dennoch: Vorhersehbar wie der Aufgang des Vollmonds ist die Vampirroman-Flut das Ergebnis eines Trends, der von den Buchhaltern der Verlage gemacht wurden: Sie guckten auf die Bestsellerlisten, sagen: Aha! und zitierten die Lizenzeinkäufer und Lektoren zu sich. Nach dem Verkaufserfolg von Stephenie Meyers Bis(s)-Reihe klingelten die Telefone der mittelprächtig etablierten Autoren, dem "Schreibvieh". Ein großer Verlag war am Apparat, man streckte sich stolz und erwartete ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. Aber es erklang der Satz, den Schriftsteller so lieben: "Können Sie nicht mal was schreiben wie ..." Wie Frau Meyer, zum Beispiel. Vor Jahren hieß es noch: "Wie die Potter-Frau", "Wie Dan Brown", "Wie irgendwer, nur bitte nicht wie Sie selbst." "Aber ... aber Sie haben doch mein Exposé zu dem ultimativen Gegenwartsroman / dem Thriller, der die Sterbehilfe-Deals thematisiert / der Liebesgeschichte zweier Kartoffelkäfer ..." - "Ja, ja, sehr nett, aber könnten die nicht Vampire sein? Schön knackig, mit Grusel und Glamour?"

Ich sah auf mein Konto und entwarf eine Story mit dem Arbeitstitel "Beißen Sie Brahms?", um die 222 Jahre junge Vampirschönheit Giselle Lirit d'Angoulême, die an Komponisten nippt, um sich zu inspirieren, und die sich unsterblich (harr, harr) in Brahms verliebt. Wie erhofft war das viel zu kompliziert. Mal sehen, was der nächste Trend sein wird. Ich tippe auf "Simplify your Buchprogramm".

Kino Open Air "Nosferatu - eine Symphonie des Grauens" von 1922. Schanzenpark (U/S Sternschanze), Fr 31.7., 21.30, 7.-, T. 43 09 19 67. www.outdoor-cine.de

Nina George schreibt jede Woche in LIVE und liebt Hamburg.