Bei einer Podiumsdiskussion warnte “Zeit“-Geschäftsführer Rainer Esser: Die Stadt muss ihre Stärken besser herausstellen.

Hamburg. Es fehlte nicht viel und sie hätten sich gegenseitig auf die Schulter geklopft. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion "Kultur- und Kreativwirtschaft in Hamburg - Neue Konzepte, neue Köpfe, neue Chancen" in der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) waren sich einig: In Sachen Kultur und Kreativität macht der Hansestadt niemand etwas vor.

Schon im kommenden Jahr wird auf dem neuen Mediencampus Finkenau der Lehrbetrieb aufgenommen. An der Gaußstraße in Ottensen entsteht eine Theaterakademie. Gerade erst hat der Senat die Gründung einer Agentur für die Kreativwirtschaft verkündet. Ein Fonds wurde aufgelegt, um Kreativen bei der Anmietung von Immobilien zu helfen. Und schließlich ist da noch das Leuchtturmprojekt Elbphilharmonie.

Doch "Zeit"-Geschäftsführer Rainer Esser schüttete Wasser in den Wein: "Der Mediencampus Finkenau kommt zu spät", sagt er. Andere Städte hätten so etwas schon länger. Und dann erzählte er vom Umzug von "Zeit Online" von Hamburg nach Berlin. Er habe befürchtet, dass kaum einer in die Hauptstadt ziehen wolle. Stattdessen hätten die Online-Redakteure freudestrahlend ihre Koffer gepackt. Hat Hamburg bei Angehörigen kreativer Berufe ein Imageproblem? Esser jedenfalls empfahl, die Stärken der Stadt besser herauszustellen. Zwar widersprach der Medienkoordinator des Senats, Karl Dietrich Seikel, umgehend: "Hamburgs Zurückhaltung in der Selbstdarstellung ist ein sehr sympathischer Zug." Doch sogar Kultursenatorin Karin von Welck gab indirekt zu verstehen, dass die Stadt vom großmäuligen Berlin lernen kann. Die Hilfe für Kreative bei der Immobiliensuche sei Hamburgs Antwort auf die billigen Mieten in der Hauptstadt, die so manchen Kulturschaffenden zum Umzug bewegten. Dabei wird die wirtschaftliche Bedeutung der Branche - gerade in Hamburg ein wichtiges Kriterium - häufig unterschätzt. Laut Michael Södermann vom Kölner Büro für Kulturwirtschaftsforschung liegt die jährliche Wertschöpfung der eine Million Beschäftigten der Kultur- und Kreativwirtschaft bei 61 Milliarden Euro. Genaue Zahlen für Hamburg gibt es nicht. Immerhin ist bekannt, dass etwa 130 000 Hamburger in Kultur- und Kreativberufen arbeiten - Tendenz steigend.

Und damit jeder weiß, wie wichtig Kultur für die Hansestadt in ökonomischer Hinsicht ist, stellte gegen Ende der Veranstaltung Dorothea Wenzel, Dekanin der Fakultät Design, Medien und Information an der HAW, einen jährlichen Medienwirtschaftsbericht ihres Hauses in Aussicht.